»Der Burgfrieden ist vorbei«

An der Spitze der Thüringer SPD gibt es nichts Neues – dahinter aber Ärger

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Das, was an der Spitze der Thüringer SPD passiert ist, ist keine Überraschung. Denn der alte Parteichef ist auch der neue, womit auch ziemlich klar ist, dass Georg Maier die Sozialdemokraten im Freistaat in zwei Jahren in den Landtagswahlkampf führen wird. Dass Maier dann am liebsten den Linken Bodo Ramelow als Ministerpräsident ablösen würde, ist offensichtlich, auch wenn dieser Vorsatz riesig ist. Er wolle seine Partei in den nächsten Jahren so stark machen, dass sie die nächste Landesregierung anführen könne, sagte Maier am Samstag in Suhl auf einem Landesparteitag. »Dafür werde ich mich mit ganzer Kraft einsetzen, dafür werde ich kämpfen.« Bei der Landtagswahl 2019 hatten die Sozialdemokraten 8,2 Prozent der Zweistimmen erhalten und waren damit viertstärkste Kraft geworden. Die Linke hatte 31 Prozent bekommen, hat zuletzt in den Umfragen allerdings deutlich an Zustimmung eingebüßt.

Maier wurde mit 153 von 198 abgegebenen Delegiertenstimmen zum Landesvorsitzenden gewählt, 32 Delegierte stimmen gegen ihn, 13 enthalten sich ihrer Stimme. Das entspricht einer Zustimmung von etwa 77 Prozent. »Das ist ein Ergebnis, mit dem ich gut leben kann«, sagte Maier nach seiner Wahl. Bei seiner Wahl zum SPD-Vorsitzenden vor zwei Jahren hatte Maier eine Zustimmung von etwa 83 Prozent bekommen.

Dafür war das, was bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden in Suhl passierte, überraschend und für den innerparteilichen Frieden folgenschwer: Bei dieser Wahl gab es fünf Bewerber für vier Posten – und ausgerechnet die Einzige im Bewerberfeld, die unzweifelhaft dem linken Parteiflügel zugerechnet wird, wurde nicht gewählt: die Landtagsabgeordnete Diana Lehmann, die noch nicht einmal 40 Jahre alt ist, aber bereits eine lange Karriere in der SPD hinter sich hat. Unter anderem war sie Juso-Landesvorsitzende, was auch erklärt, dass der Jugendverband der Partei alles andere als glücklich über den Ausgang der Stellvertreterwahl ist. »Wir sind natürlich nicht zufrieden, wenn jemand rausgewählt wird, den wir uns zurechnen«, sagte der Juso-Landesvorsitzende Maximilian Schröter.

Und weil mit dem Aus für Lehmann als stellvertretende Parteivorsitzende eben nicht nur die Jusos, sondern der gesamte linke Flügel der SPD an Einfluss im Landesverband verliert, stehen die Sozialdemokraten im Freistaat vor unruhigen Zeiten. Eigentlich hat die Partei in den vergangenen Jahren gelernt, einigermaßen geschlossen aufzutreten, nachdem sie sich über Jahre in Flügelkämpfen aufgerieben hatte. Etwa ein Drittel der Sozialdemokraten beziehungsweise Kreisverbände in Thüringen gelten als eher links eingestellt. »Der Burgfrieden ist vorbei«, sagte eine Delegierte nach der Stellvertreterwahl.

Statt Lehmann rückt nun die Thüringer Kommunalstaatssekretärin Katharina Schenk in den geschäftsführenden Vorstand der Landes-SPD auf. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil Maier Thüringens Innenminister und damit dienstlich ihr Chef ist. Außerdem gehören beide dem Kreisverband Gotha an, was ebenfalls noch zu Diskussionen führen dürfte, weil die Thüringer SPD eigentlich peinlich darauf achtet, dass wichtige Ämter über möglichst viele Kreisverbände verteilt werden.

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