SPD-Senator Geisel weiter unter Druck

Mängel bei der Wahlorganisation waren wohl schon seit 2017 bekannt

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

In der Diskussion um eine Wiederholung der Pannenwahl vom September vergangenen Jahres wird die Luft dünner für Berlins Bausenator Andreas Geisel (SPD). Der Verdacht, der nun im Raum steht: Geisel, bis Ende 2021 Innensenator, wusste bereits seit Jahren von Mängeln bei der Wahlorganisation in der Hauptstadt. Wie der »Tagesspiegel« am Wochenende berichtete, soll ein als vertraulich eingestufter Untersuchungsbericht der von ihm geleiteten Innenverwaltung und anderer Behörden schon nach IT-Problemen bei der Bundestagswahl 2017 zu dem Schluss gekommen sein, dass in Berlin »Organisationsformen und Regeln für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung von Wahlen fehlen«.

Ein Sprecher Geisels bestätigte den Bericht, betonte aber, dass dieser allein das Ziel gehabt habe, »technische Fragen zu klären« und die Zusammenarbeit zwischen der Innenverwaltung, dem Amt für Statistik, dem IT-Dienstleistungszentrum sowie der Landeswahlleitung »in Fragen der IT-Stabilität zu verbessern«. Es sei also überhaupt nicht »um allgemeine Empfehlungen zur Wahlorganisation« gegangen.

Geisel selbst äußerte sich nicht zu dem Thema. Schon in der vergangenen Woche hatte er jedoch betont, dass bei ihm lediglich die Rechts-, nicht aber die Fachaufsicht für die letztlich von chaotischen Umständen begleiteten Wahlen gelegen habe. Zwar sei es nicht so, dass er nicht auch eine »Verantwortung spüre«, er habe die Wahl aber nicht organisiert. Einen Rücktritt, wie von der Opposition, aber auch schon vereinzelt in der Basis der Linken gefordert, lehnte Geisel strikt ab. Klar scheint dennoch, dass der Stuhl des Vertrauten der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bedenklich wackelt.

Unterdessen will Berlins neuer Landeswahlleiter Stephan Bröchler keine Zeit verlieren bei der Vorbereitung einer möglichen Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl, auch wenn das Urteil des Landesverfassungsgerichtshofes dazu noch aussteht. »Das ist alternativlos. Der Tenor des Gerichts ist so klar, dass es fahrlässig wäre, keine Vorbereitungen zu treffen«, sagte Bröchler. Themen wie Papierversorgung, Schulungskonzepte für Wahlhelferinnen und -helfer sowie die Frage, welche Wahllokale zur Verfügung stünden, müssten bis zur Urteilsverkündung geklärt sein. »Damit können wir nicht warten, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt«, sagte der Verwaltungswissenschaftler, der seit Samstag offiziell im Amt ist.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte bei einer mündlichen Verhandlung zur Gültigkeit der Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2021 am Mittwoch überraschend deutlich eine komplette Wiederholung in Betracht gezogen. Das Urteil soll bis Ende des Jahres gesprochen werden, spätester Wahltermin wäre dann Ende März 2023. Mit dpa

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