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Das Patriarchat kostet
Ulrike Wagener fordert Investitionen in Gewaltprävention
Der Europarat hat festgestellt, was Expert*innen seit Jahren predigen: Der Schutz vor Gewalt ist für Frauen in Deutschland unzureichend. Seit die Istanbul-Konvention vor vier Jahren ratifiziert wurde, hat sich nur wenig verbessert. Akut von häuslicher Gewalt betroffene Frauen können sich in Frauenhäuser flüchten – theoretisch. Praktisch ist es so, dass es stark von der Region abhängt, ob ein Platz zur Verfügung steht. Es gibt zu wenige Frauenhausplätze, und die Finanzierung ist ein Flickenteppich. Außerdem müssen viele Frauenhäuser und Beratungsstellen ihre Mittel von Jahr zu Jahr neu beantragen, was ohnehin knapp bemessene Personalressourcen verbraucht.
Frauenministerin Lisa Paus (Grüne) versicherte am Freitag erneut ihr Vorhaben, auf Bundesebene einen Rechtsrahmen für die verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern zu schaffen. Ob damit jedoch ein Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt gemeint ist, wie ihn etwa die Frauenhauskoordinierungsstelle fordert, bleibt offen. Dabei wäre das ein gutes Mittel, um Versorgung und Finanzierung zu gewährleisten. Das zeigt etwa die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Kita-Betreuung ab dem ersten Lebensjahr in Berlin.
Vielleicht bräuchte es aber auch etwas Radikaleres, etwa einen Haushaltsposten zur Beseitigung des Patriarchats. Denn alle diese Probleme sind lange bekannt. Gewalt gegen Frauen ist kein »Frauenproblem«, sondern eines der ganzen Gesellschaft. Häusliche Gewalt kostet den Staat Geld: Polizei, Frauenhäuser, medizinische Behandlung. Ja, es sollte in Gewaltschutz investiert werden. Aber auch in die Gewaltprävention. Denn die Ursachen von geschlechtsspezifischer Gewalt liegen in einem ungleichen Machtverhältnis begründet. Gesamtgesellschaftliches Ziel sollte es daher sein, dieses Machtverhältnis zu beseitigen – nicht erst in 200 Jahren.
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