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Grüne distanziert SPD in Göttingen
Ökopartei gewinnt einige Direktmandate in niedersächsischen Städten
Mit einem guten Ergebnis hatte Marie Kollenrott wohl gerechnet. Dass es so gut werden würde, hätte sie aber nicht gedacht. Mit 35,24 Prozent der Stimmen gewann die Kandidatin der Grünen am Sonntag bei der niedersächischen Landtagswahl den Wahlkreis Göttingen-Stadt – und distanzierte dabei die SPD-Bewerberin Karola Markgraf um mehr als sieben Prozentpunkte. Auch bei den Zweitstimmen lagen die Grünen in Göttingen klar vorn: Sie holten 33,53 Prozent. Auf 28,23 Prozent kam die SPD, auf 16,93 Prozent die CDU, auf immerhin 6,55 Prozent die Linke.
Auch in Hannover-Mitte und Lüneburg holten die Grünen jeweils vor der SPD die Direktmandate. In der Landeshauptstadt schnitt Fraktionschefin Julia Willie Hamburg mit 35,5 Prozent sogar noch einen Tick besser ab als Kollenrott in Göttingen. Bei den vorherigen Landtagswahlen hatten in allen Wahlkreisen stets die Kandidat*innen von SPD oder CDU vorn gelegen. Jahrzehntelang war auch der Wahlkreis Göttingen scheinbar unantastbar in der Hand der Sozialdemokraten. Allein seit 1998 gewann hier immer die langjährige Landtags-Vizepräsidentin Gabriele Andretta, die dieses Mal allerdings nicht mehr antrat. Nun wurde die sozialdemokratische Vorherrschaft beendet.
Die Grünen verzeichnen in der Universitätsstadt seit Jahren gute Ergebnisse. Seit der Kommunalwahl im vergangenen Jahr stellen sie erstmals die stärkste Fraktion im Stadtrat und verwiesen auch hier die SPD auf Platz zwei. Die Sozialdemokraten konnten diese Schlappe offenbar nicht verkraften, beendeten das über Jahre einigermaßen funktionierende Haushaltsbündnis mit den Grünen und taten sich in einer kommunalen »Deutschlandkoalition« mit CDU und FDP zusammen. Diese macht eher neoliberale als linke Politik und verscherbelt stadteigene Immobilien an Investoren.
Dass der Wahlsieg der Grünen in Göttingen bei der Landtagswahl so deutlich ausfiel, liegt auch in der Person Kollenrotts und ihrer politischen Biografie begründet. Geboren 1984, aufgewachsen im Anti-Atom-Hotspot Wendland, studierte sie in Göttingen und Amsterdam Politik und Rechtswissenschaften. Sie arbeitete zunächst als Projektechefin bei der Awo, leitete dann das Abgeordnetenbüro des vormaligen Grünen-Landesumweltministers Stefan Wenzel, war Beraterin beim Institut für Organisationskommunikation und stellvertretende Geschäftsführerin des Landesverbandes Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen.
Seit 2005 Grünen-Mitglied, saß Kollenrott zunächst fünf Jahre im Göttinger Kommunalparlament und war Vorstandssprecherin des Kreisverbandes. Im Oktober 2021 rückte sie in den Landtag nach, nach dem Wechsel von niedersächsischen Grünen in den Bundestag war dort Platz freigeworden. Zwei auf der Landesliste vor Kollenrott Platzierte nahmen das Mandat nicht an.
Im Parlament kümmert sich Kollenrott vor allem um die Innenpolitik. Offensiv tritt sie für eine vielfältige Gesellschaft ein, fordert ein Antidiskriminierungsgesetz und einen entschlossenen Einsatz gegen Rechtsextremismus. Sie will Niedersachsen zu einem sicheren Hafen für Geflüchtete machen.
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