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  • Trainersuche beim VfB Stuttgart

Fußball kann ein Arschloch sein

Der Bundesligasieg gegen Bochum kann längst nicht alle Verstimmungen in der Führungsriege des VfB Stuttgart überstrahlen

Silas Katompa Mvumpa (l.) führte Stuttgart mit zwei Toren zum Sieg über den VfL Bochum um Danilo Soares.
Silas Katompa Mvumpa (l.) führte Stuttgart mit zwei Toren zum Sieg über den VfL Bochum um Danilo Soares.

Ob Pellegrino Matarazzo den Stuttgarter 4:1-Sieg gegen den VfL Bochum an fernen Stränden oder vor dem heimischen Fernseher erlebt hat, ist ungewiss. Sollte letzteres zutreffen, ist davon auszugehen, dass er diesen Samstagnachmittag noch mal fast so bitter empfand wie die Stunden nach seiner Entlassung vor wenigen Tagen. Der ehemalige Trainer dürfte sich beim Gedanken ertappt haben, wie das Heimspiel des VfB Stuttgart wohl verlaufen wäre, wenn er selbst noch in Amt und Würden gewesen wäre.

Am Samstag saß jedoch Michael Wimmer auf der Bank, weil die Verantwortlichen Matarazzo am Montag entlassen hatten, ohne sich zuvor einen Plan für die Zeit ohne ihn zurechtgelegt zu haben. So war es der Interimstrainer, der nach zweieinhalb Minuten sehen durfte, wie Bochums Danilo Soares Stuttgarts Stürmer Silas Katompa Mvumpa ohne Not von den Beinen holte und der Gefoulte den Elfer zum 1:0 verwandelte. Überaus erfreulich aus Stuttgarter Sicht auch die Schnapsidee von Bochums Torwart Manuel Riemann, vor dem zweiten Stuttgarter Treffer einen langen Ball schwer bedrängt, 20 Meter vor dem eigenen Tor per Kopf klären zu wollen – was Naouirou Ahamadou gerne vereitelte. Dass die Treffer drei und vier durch Katompa Mvumpa und Wataru Endo just in der stärksten Phase des VfL Bochum fielen, war dann noch so ein »Momentum«, das Sportdirektor Sven Mislintat für den entscheidenden Faktor des Tages hielt. Konsequenterweise schob er auch noch das Lob an den jüngst entlassenen Trainer nach, dass »das ganz klar auch Rinos Sieg ist. Das ist seine Handschrift und so empfinden das auch alle«. Manchmal, so Mislintat, sei »Fußball eben ein Arschloch«.

Spätestens jetzt musste der neutrale Beobachter fast schon hoffen, dass Matarazzo seinen ersten fußballfreien Samstag seit Jahren eingelegt hatte. Er dürfte sich ansonsten noch dringlicher gefragt haben, warum er überhaupt entlassen worden war. Zumal das Anforderungsprofil an den noch nicht gefundenen Nachfolger in allen Punkten so klingt, als suche man einen Typus wie Matarazzo, der aber leider, leider anders heißen müsse. Im Grunde erneuerte Mislintat genau das nach dem Sieg gegen Bochum auch noch mal. Der Neue müsse »richtig Bock auf diesen Verein haben, und er muss Bock haben, Fußball spielen zu lassen«. Verwundert zeigte sich Mislintat derweil über die Zahl der Trainer, die dem VfB angeblich bereits abgesagt hätten – ohne dass zuvor jemand mit ihm gesprochen habe. »Genau einen« habe es gegeben, so Mislintat, der damit wohl Zsolt Löw gemeint hat.

Derzeit habe man zwei Trainer im Blick, den zukünftigen VfB-Coach werde man aber nur verpflichten, wenn alle vier Entscheidungsträger bei der Trainerfindung einhellig den Daumen heben. Das wären dann der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle, der jüngst als Berater engagierte Sami Khedira, Mislintat selbst und dessen rechte Hand Markus Rüdt. Und auch wenn Mislintat verneinte, dass das Verhältnis zwischen ihm und Wehrle »zerrüttet« sei, kann man getrost davon ausgehen, dass sich beide nicht wechselseitig zum Geburtstag einladen. Ob das künftig ein gemeinsames Arbeiten unmöglich macht, ist eine der vielen Fragen, die sich beim VfB gerade stellen.

Dass die Verpflichtung von Christian Gentner, Sami Khedira und Philipp Lahm als externe sportliche Berater ohne Wissen von Mislintat erfolgte, ist – unabhängig davon, an wem ein Gespräch über das Vorhaben im Vorfeld scheiterte – ein krasser Affront gegenüber dem Sportdirektor. So oder so: Der VfB scheint gut beraten, im Zuge der Trainerfrage auch alle anderen Personalentscheidungen zeitnah zu klären, also nicht zuletzt auch die Frage, ob Mislintat über den Sommer 2023 hinaus in der Verantwortung bleiben darf. Nur so dürfte der Verein wieder in ruhigere Fahrwasser gelangen. Derzeit herrscht beim VfB, der noch im Sommer organisatorisch und atmosphärisch konsolidiert schien, jedenfalls wieder eine Misstrauenskultur, die eigentlich längst überwunden schien.

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