Linke-Konflikt spitzt sich zu

Während die Linkspartei ihr soziales Profil schärfen will, eskaliert der Richtungsstreit

Eigentlich sind die politischen Zustände bestens geeignet dafür, dass sich eine linke Partei profiliert. Die Linke versucht das mit Aufrufen zu Sozialprotesten gegen die Politik der steigenden Energiekosten und mit eigenen Vorschlägen: An diesem Montag wollen die beiden Parteichefs ihr Konzept für einen sozial gerechten Gas- und Strompreisdeckel vorstellen. Demnach soll pro Haushalt ein jährliches Gas-Grundkontingent von 10 000 Kilowattstunden bei neun Cent je Kilowattstunde gedeckelt werden. Ein Viertel davon soll sogar kostenfrei sein. Eine ganz ähnliche Idee gibt es für die Stromrechnungen. Das teilte die Linke vorab mit.

Doch die Schlagzeilen um Die Linke werden vom eskalierenden Richtungsstreit bestimmt. Der größte Landesverband Nordrhein-Westfalen rutscht in eine akute Führungskrise. Kurz vor dem Landesparteitag am kommenden Wochenende, auf dem ein neuer Landesvorstand gewählt werden soll, teilten 13 Mitglieder des amtierenden Vorstands mit, nicht erneut zu kandidieren. In einer Erklärung kritisieren sie, dass »Mitglieder des Parteivorstands und Abgeordnete im Bundestag der Parteispaltung das Wort reden« und Unterschriften gegen Genossen gesammelt würden. Die Rede ist von einer »selbstzerstörerischen Streitkultur«, der Pluralismus sei aufgekündigt worden. Neben den 13 Unterzeichnern wollen laut nd-Informationen weitere Vorstandsmitglieder nicht mehr kandidieren, darunter die beiden bisherigen Landessprecher, alle vier stellvertretenden Sprecher und der Landesgeschäftsführer.

Dass sich die Auseinandersetzungen derzeit im Landesverband Nordrhein-Westfalen konzentrieren, ist kein Zufall. Hier war Sahra Wagenknecht Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, hier spielt sich ein verbissener Streit um ihre politischen Thesen ab – von Unterstützung für Wagenknecht bis zur Weigerung, mit ihr und für sie Wahlkampf zu machen. Wagenknecht sorgte erst dieser Tage wieder für Debatten, als sie in ihrem Video-Podcast die Grünen als »die heuchlerischste, verlogenste, abgehobenste, inkompetenteste und gemessen an dem realen Schaden, den sie verursachen, derzeit auch die gefährlichste Partei im deutschen Bundestag« bezeichnete. Der Satz wird oft verkürzt wiedergegeben, doch auch in Kenntnis der vollständigen Formulierung hagelte es Empörung und Protest in der Linken, weil er eine Verharmlosung der AfD darstelle. Sowohl Fraktionschef Dietmar Bartsch und Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte als auch die beiden Parteivorsitzenden distanzierten sich von Wagenknechts Äußerung. Der frühere Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner erklärte seinen Parteiaustritt, weil er nicht länger »die unerträglichen Positionen von Sahra Wagenknecht und ihrer Seilschaft« mittragen wolle.

Wenn die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan an diesem Montag ihr Konzept für die Energiekosten vorstellen, werden sie auch Fragen zum Zustand der Partei zu beantworten haben.

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