In Arizona steht viel auf dem Spiel

Warum der Staat im Südwesten der USA bei diesen Wahlen für die Demokraten besonders wichtig ist

  • Johannes Streeck, Phoenix (Arizona)
  • Lesedauer: 4 Min.

Eigentlich sollte es Katie Hobbs nicht schwer haben: Sie ist Kandidatin für das Amt der Gouverneurin im Bundesstaat Arizona im Westen der USA, wo, genauso wie in 35 weiteren US-Staaten, am 8. November eine neue Exekutive gewählt wird. Arizona ist ein sogenannter Swing State, der mal an die Republikaner, mal an die Demokraten geht. Der Amtsinhaber Doug Ducey gilt als moderater Republikaner, die zwei Demokraten, die Arizona in den Senat gewählt hat, Kyrsten Sinema und Mark Kelly, sind innerhalb ihrer Partei wiederum eher dem konservativen Lager zuzurechnen. Bei der letzten Präsidentschaftswahl ging Arizona zum ersten Mal seit über zwei Jahrzehnten an die Demokraten, Donald Trumps Politik ging hier vielen zu weit.

Katie Hobbs müsste mit ihrem Programm im gemäßigten Arizona eigentlich bestens positioniert sein, denn dieses beruht auf den klassischen Themen ihrer Partei: Verbesserung der öffentlichen Bildung und Gesundheitsversorgung. Von den polarisierenden Themen und Vorschlägen der progressiven Demokraten hält Hobbs sich fern, womit sie dem Beispiel vieler ihrer Parteigenoss*innen folgt. Ihr Konzept für den Wahlkampf scheint zu heißen: nur nicht auffallen.

Kari Lake ist die Kontrahentin von Katie Hobbs im Rennen um den Gouverneursposten und könnte ihr kaum unähnlicher sein. Lake, eine ehemalige Fernsehjournalistin, wird jetzt schon gerne als potenzielle Nachfolgerin von Donald Trump gehandelt. Mit einem verhältnismäßig kleinen Wahlkampfbudget und ohne nennenswerte Unterstützung ihrer eigenen Partei schaffte es Lake, ihre gemäßigten Gegenkandidaten bei der Vorwahl auszuschalten. Lake bekennt sich klar zum konspirativen Flügel der Republikaner und scheut weder die Nähe zu Rechtsextremisten noch zu Anhänger*innen der Q-Anon-Verschwörungstheorie. Lake zweifelt offen an der Legitimität der Präsidentschaftswahlen von 2020; als sie vor wenigen Tagen gefragt wurde, ob sie ihre eigene Niederlage hinnehmen würde, wollte sie sich nicht festlegen.

Neben dem Versprechen, die Wahlen in Arizona zu »sichern«, spricht Lake viel über den Schutz der südlichen Grenze zu Mexiko und versichert, den vermeintlichen Fluss von Drogen und Migrant*innen stoppen zu wollen. Wie viele Republikaner setzt Lake verstärkt auf wirtschaftliche Themen, denn die Lebenshaltungskosten steigen auch in Arizona enorm.

In wenigen Regionen der USA stehen sich momentan so gegensätzliche politische Kräfte gegenüber wie in Arizona. Während Katie Hobbs und der Rest der Demokratischen Kandidat*innen auf Mäßigung setzen, treten die Republikaner betont radikal auf. Sämtliche Kandidat*innen der Partei, die für Ämter auf Bundesstaatsebene antreten, bekennen sich zu der Verschwörungstheorie, dass die Wahl von 2020 gefälscht wurde. Dieser Mythos hat sich in Arizona besonders festgesetzt, wohl auch deshalb, weil hier, nachdem die Ergebnisse anderswo klar waren, noch Stimmen ausgezählt wurden.

In Arizona steht derzeit noch mehr auf dem Spiel, als die politische Zukunft dieses schnell wachsenden Staats im Südwesten der USA. Mit Mark Finchem hat die Republikanische Partei einen Kandidaten für das Amt des Staatssekretärs ins Rennen geschickt, der im Kampf gegen vermeintlichen »Wahlbetrug« als besonders entschlossen gilt. Momentan hält Katie Hobbs selbst noch dieses Amt inne und hofft, es an den Demokraten Adrian Fontes weiterzureichen. Gewinnt jedoch Finchem im November gegen Fontes, bedeutet das höchstwahrscheinlich auch, dass die Auszählung der Stimmen bei der nächsten Präsidentschaftswahl unter der Aufsicht Finchems stattfinden wird. Damit hätten dieselben Kräfte die Kontrolle über den Wahlprozess, die seit bald zwei Jahren versuchen, diesen zu delegitimieren. Es ist nicht auszuschließen, dass die Ergebnisse in Arizona auch 2024 wieder knapp ausfallen werden.

Zudem könnte sich in Arizona im November entscheiden, ob die Demokratische Partei die Mehrheit im Senat behält. Im Gegensatz zum Abgeordnetenhaus gibt es hier für Joe Bidens Partei noch eine Chance auf die Mehrheit. Der republikanische Anwärter auf den Senatssitz, Blake Masters, steht dem rechten Tech-Investor Peter Thiel nahe und fällt immer wieder mit rassistischen Äußerungen gegenüber Schwarzen und Latinos auf. Trotzdem liegt er in den meisten Umfragen nur knapp hinter dem Amtsinhaber Mark Kelly.

Auf einer Pressekonferenz der Organisation Latinos Por La Causa runzelt Hobbs die Stirn gegen die blendende Sonne und verspricht, den republikanischen Versuchen, die Ergebnisse demokratischer Wahlen infrage zu stellen, Einhalt gebieten zu wollen. Als Staatssekretärin von Arizona war Katie Hobbs selbst bei der Präsidentschaftswahl 2020 für die Auszählung der Stimmen zuständig. Ihre heutige Gegenkandidatin Kari Lake hatte damals dazu aufgerufen, Hobbs für ihre Rolle bei der angeblichen Wahlfälschung inhaftieren zu lassen. Momentan liegen die beiden in Umfragen nur wenige Prozentpunkte voneinander entfernt.

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