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  • Treffen von Scholz und Macron

Die gebrochene Achse

Scholz und Macron treffen sich in Paris. Konflikte zwischen den beiden Staaten haben sich verschärft

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Es war bezeichnend, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron ihre gemeinsame Pressekonferenz am Mittwochnachmittag abgesagt hatten. Vergangene Woche hatte es noch geheißen, dass sich die beiden Politiker nach ihrem Treffen in Paris den Fragen von Journalisten stellen oder wenigstens ein Statement abgeben würden. Doch nicht nur dieser Tagesordnungspunkt fiel aus. Das gesamte Programm war deutlich abgespeckt worden. Ursprünglich war angedacht, dass sich das deutsche und das französische Kabinett in Fontainebleau treffen. Das prunkvolle Renaissanceschloss südlich von Paris hätte einen schönen Rahmen geboten. Doch das Interesse an einem umfassenden Austausch zwischen den Regierungen der beiden größten und wichtigsten Staaten der Europäischen Union hält sich derzeit in Grenzen. Am Mittwoch trafen sich Macron und Scholz lediglich zu einem Arbeitsessen im Élysée-Palast, dem Amtssitz des Präsidenten. Immerhin nahmen sie sich dafür etwas mehr Zeit als die angepeilte Stunde.

Die Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland sind zuletzt gewachsen. Macron brachte es kürzlich beim EU-Gipfel in Brüssel auf den Punkt. »Ich glaube, es ist nicht gut, weder für Deutschland noch für Europa, dass Deutschland sich isoliert«, erklärte der französische Staatschef. Nach seiner Einschätzung kümmert sich die Bundesregierung in der derzeitigen Krise vornehmlich um die eigene Bevölkerung und zu wenig um die EU. Diese Meinung teilen auch andere europäische Staats- und Regierungschefs.

So hat etwa die Entscheidung der Bundesregierung, 200 Milliarden Euro zur Finanzierung der geplanten Energiepreisbremsen in die Hand zu nehmen, für Verstimmungen in der EU gesorgt. Nicht wenige Länder sehen darin eine Wettbewerbsverzerrung, weil sie sich ähnliche Programme nicht leisten können. In Paris hatte man sich gewünscht, wenigstens vorher von der Bundesregierung informiert zu werden. Doch das hielt Scholz nicht für notwendig.

Der Bundeskanzler ließ jegliche Kritik bislang an sich abprallen. Er verkündete kürzlich, Deutschland unterstütze seine Bürger und seine Wirtschaft wie andere Länder auch. Es sei umgerechnet »genau das Gleiche, was Frankreich macht, was Italien macht, was Spanien macht und viele andere Länder«. Unbeliebt macht sich Scholz bei seinen europäischen Partnern aber auch damit, dass er einen politisch gesetzten Höchstpreis auf Gas ablehnt. Er befürchtet, dass die Produzenten ihr Gas dann anderswo verkaufen.

Weitere Themen neben der Wirtschaft und der Energieversorgung waren bei dem Treffen von Scholz und Macron das Militär und die Rüstung. Auch hier gibt es Probleme. Die Zukunft zentraler europäischer Projekte, an denen Deutschland und Frankreich maßgeblich beteiligt sind, ist ungewiss. Das gilt sowohl für das Luftkampfsystem mit dem Namen Future Combat Air System (FCAS) als auch für den geplanten Kampfpanzer MGCS. Es gibt Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Industrien – beim FCAS sind es Dassault Aviation und Airbus – und dadurch kommt es zu Verzögerungen.

Deutschland hat kürzlich mit mehr als einem Dutzend anderen Staaten ein Projekt zum Aufbau eines besseren europäischen Luftverteidigungssystems auf den Weg gebracht. Diese European-Sky-Shield-Initiative soll die Defizite im Bereich ballistischer Raketen, die auf ihrer Flugbahn große Höhen erreichen, sowie bei der Abwehr von Drohnen und Marschflugkörpern beheben. Bisher ist vorgesehen, dass die Raketenabwehrtechnik außerhalb von Europa eingekauft wird. Scholz hat das israelische Arrow-3-System im Blick. Für die Franzosen ist das eine weitere Provokation. Denn Paris arbeitet mit Italien an dem Raketenabwehrschirm »Mamba«. Die beiden Länder fühlen sich ausgebootet und beteiligen sich nicht an der European Sky-Shield-Initiative.

Die deutsche Ignoranz gegenüber französischen Interessen hat ihren Preis. Macron hat kürzlich mit den Regierungschefs von Spanien und Portugal erklärt, dass eine Pipeline von Barcelona nach Marseille gebaut werden soll. Sie soll in Zukunft grünen Wasserstoff und geringe Mengen Erdgas in den Norden der EU liefern.

Scholz hatte sich hingegen lange für die Wiederaufnahme des Pipelineprojekts Midcat von Spanien nach Frankreich ausgesprochen und dazu Gespräche mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez geführt. Der Kanzler hatte gehofft, durch diese Pipeline die Gasversorgung für Deutschland zu verbessern. Erst später sollte auf diesem Weg grüner Wasserstoff transportiert werden. Macron missfiel der Druck, den Scholz aufbauen wollte. Er bewertete Midcat als zu teuer und wirtschaftlich unrentabel. Deswegen wurde das Projekt 2019 vorerst gestoppt. Nun dürfte es endgültig tot sein.

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