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Exil im Wald
Ein Russe versteckt sich vor der Mobilisierung in der Natur und bloggt darüber
Vor seinem inneren Auge gab es zwei Möglichkeiten: Entweder er wird ins Wehramt gezerrt oder er landet im Wald, wo er frei ist, sagt Adam Kalinin. Der russische Informatiker, der eigentlich anders heißt, ist gegen den Krieg des Kremls in der Ukraine. Als die Mobilisierung begann, wollte er nicht wie so viele andere ins Ausland fliehen. Stattdessen hat sich der passionierte Wanderer in die dichten Wälder seiner südrussischen Heimat zurückgezogen, dorthin, wo ihn garantiert niemand findet, wie Kalinin auf Telegram schreibt. Dort bloggt für seine 22 000 Follower*innen seit einem Monat über sein Leben.
Eine Woche hat Kalinin gebraucht, um sein Lager vorzubereiten, ein Wohnzelt einzurichten und eines für die Arbeit. Schließlich muss der Informatiker auch im Versteck Geld verdienen. Dafür hat er ein Modem, eine Solaranlage und eine kleine Satellitenschüssel mitgenommen. Auch im Wald gilt für Kalinin die 40-Stunden-Woche. Den Rest der Zeit streift er durch die Natur und richtet sein Lager gemütlich her. Für die Versorgung haben Kalinin und seine Frau einen toten Briefkasten an der nächsten Straße eingerichtet. Dort lagern Tee, Zucker und Konserven in einer Mülltonne. Das sei wie in den Supermarkt zu gehen, meint Kalinin. Nur dass er dafür eine Stunde laufen muss.
Das Leben im Wald sei »im Großen und Ganzen normal«, meint Kalinin, der wochenlang keinen Menschen mehr gesehen hat. Aber Informatiker wie er seien sowieso eher introvertierte Menschen, die kaum Gesellschaft brauchen. Dafür hat er sich mit den Tieren angefreundet, vor allem mit den Vögeln.
Dennoch: Seine Frau vermisst er schon. Dass er sich so lange verstecken muss, damit hat Kalinin nicht gerechnet. Und jetzt kündigt sich der Winter an. Einen Holzvorrat hat er schon angelegt und will jetzt eine Hütte bauen. Denn vor dem Kriegsende will Kalinin nicht aus dem Wald kommen.
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