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- Entführung von Trinh Xuan Thanh
Kriminelle Machenschaften
Der Vietnamese Trinh Xuan Thanh wurde 2017 in Berlin entführt. Ein neuerlicher Prozess könnte die Hintergründe der Tat ans Licht bringen
Der Prozess könnte brisant werden: Am Mittwoch steht ein Mann vor dem Berliner Kammergericht, dem vorgeworfen wird, im Jahr 2017 an der Entführung des vietnamesischen Ex-Politikers Trinh Xuan Thanh von Berlin nach Hanoi beteiligt gewesen zu sein.
Die Entführung war, wie das Kammergericht bereits 2018 feststellte, durch Vietnams noch immer amtierenden Innenminister To Lam in Auftrag gegeben und durch ein Kommando des vietnamesischen Geheimdienstes ausgeführt worden, der in Europa unter Vietnamesen Helfer rekrutiert hatte. Ein Entführungshelfer war bereits 2018 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, die er inzwischen abgesessen hat.
Der Mann, der jetzt vor Gericht steht, Anh T. L., hatte bis 2017 in Prag gelebt und sich kurz nach der Entführung nach Vietnam abgesetzt. Dieses Jahr überkam ihn allerdings die Sehnsucht nach Prag und seiner dort lebenden Mutter. Bei der Einreise nach Tschechien klickten die Handschellen. Anh T. L. wurde nach Deutschland ausgeliefert und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft ihm vor, als Kraftfahrer an der Ausspähung des späteren Entführungsopfers in Berlin beteiligt gewesen zu sein. Außerdem soll er Fahrer auf einer Teilstrecke gewesen sein, als der Entführte aus dem Schengen-Raum gebracht wurde, konkret vom tschechischen Brno in die slowakische Hauptstadt Bratislava.
In Bratislava geschah dann etwas Seltsames: Entführter und Entführer verließen gemeinsam mit Vietnams Innenminister To Lam den Schengen-Raum in einem slowakischen Regierungsflugzeug. Das hatte der damalige slowakische Innenminister Robert Kalinak, ein nationalpopulistischer Politiker, seinem vietnamesischen Amtskollegen geliehen. Kalinak hat das auch zugegeben, wenngleich er behauptet, von einer Entführung nichts gewusst zu haben.
Es gibt allerdings Indizien, wenn auch keine Beweise, dass Kalinak in die Entführung eingeweiht gewesen sein könnte. Und genau hier könnte der Berliner Prozess Licht ins Dunkel bringen und damit tief in die Politik der Slowakei eingreifen. Unter slowakischen Journalisten ist das Interesse an dem Berliner Prozess groß.
In Vietnam ist das anders: Nach offizieller Lesart hat es nie eine Entführung gegeben. Staatliche Medien aus Hanoi berichten darüber nicht, nur Exilmedien haben ein Interesse an dem Fall. Der Entführte Trinh Xuan Thanh sitzt in Vietnam nach wie vor in Haft. Vietnam beschuldigt ihn eines Wirtschaftsvergehens in Millionenhöhe zulasten des vietnamesischen Staates, was Trinh Xuan Thanh jedoch bestreitet.
Als sicher gilt, dass drei Tage nach der Entführung in Berlin der damalige slowakische Innenminister Kalinak im slowakischen Regierungshotel »Borik« Gäste bewirtete: seinen vietnamesischen Amtskollegen To Lam und zwei stellvertretende Geheimdienstchefs Vietnams, darunter den, der in Berlin das Entführungskommando geleitet hatte. Das Treffen dauerte ganze 50 Minuten. Kalinak hatte für diesen nachgewiesenermaßen kurzfristig anberaumten Termin seinen Österreich-Urlaub unterbrochen.
Bei dem Treffen sei es um Hilfe der Slowakei für Ausrüstungen für Feuerwehr und Polizei gegangen. So stand es am nächsten Tag in vietnamesischen Zeitungen. Als slowakische Medien ein Jahr später Fragen zu dem Besuch stellten, erklärte ein Ministeriumssprecher, Thema sei ein Industriepark nahe der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi gewesen, in den das slowakische Innenministerium investieren wollte. Sollte eine der beiden Varianten stimmen, stellt sich die Frage, wozu der vietnamesische Minister zwei stellvertretende Geheimdienstchefs in seiner Begleitung brauchte. Diente das Treffen nur dazu, ein Entführungsopfer und die Entführungsmannschaft aus Europa zu bringen?
Ob es im Prozess eine Antwort auf diese Frage gibt, hängt davon ab, ob der Angeklagte gleich zu Beginn ein Geständnis ablegt und nur über seine eigene Tatbeteiligung spricht oder ob es eine Beweisaufnahme gibt, in der Zeugen vernommen und Hintergründe erhellt werden. Der Verteidiger des Angeklagten, Marvin Schroth, ließ gegenüber »nd« offen, ob es ein Geständnis geben wird.
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