• Berlin
  • Baustellen auf Gehwegen

Vergessene Baustellen auf Gehsteigen: Graus der Fußgänger

Mini-Baustellen blockieren in den Bezirken teils über ein Jahr lang die Gehwege

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Agilen mag es nicht weiter stören. Wer aber als Rollstuhlfahrer, mit Rollator oder Kinderwagen unterwegs ist, für den sind die Mini-Baustellen auf Gehwegen nicht nur nervig, sondern auch ein Problem. Oft sind es Bauabsperrungen der Telekom, die man sieht, für Arbeiten, die nötig sind, weil unterirdische Schächte einsturzgefährdet sind. Eine parlamentarische Anfrage des Berliner Linke-Abgeordneten Damiano Valgolio zeigt nun: Teils haben die Bezirke gar keine Kenntnis über die Stehzeiten der Mini-Baustellen. 

„Die unzähligen Absperrungen und kleinen Baustellen auf den Fußwegen in Friedrichshain sind ein großes Ärgernis», berichtet Abgeordnetenhausmitglied Valgolio aus seinem Wahlkreis. „Teilweise bestehen diese seit Jahren, ohne dass sich etwas tut. Wie meine Anfrage ergeben hat, wurden viele dieser Absperrungen ohne Antrag und öffentliche Genehmigung eingerichtet», so Valgolio. „Als Reaktion auf meine Anfrage hat das Bezirksamt angekündigt, gegen die Mini-Baustellen vorzugehen. Ich erwarte, dass möglichst schnell gegen die Blockaden der Gehwege vorgegangen wird.»

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik - aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin - ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Wie viele solcher Mini-Baustellen im Berliner Straßenland vorhanden sind, lässt sich schwer sagen. Viele Bezirke führen keine Statistik. Wo es Zahlen gibt, gehen diese von 21 Baustellen in Steglitz-Zehlendorf über mehr als 200 in Charlottenburg-Wilmersdorf bis hin zu gut 400, die das Bezirksamt Neukölln nennt. In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es demnach allein 44 Mini-Baustellen der Telekom. Die durchschnittliche Stehzeit dieser betrage ein Jahr, wie es in der Antwort auf Valgolios Anfrage heißt. 

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat mittlerweile Bauzeitpläne von der Telekom angefordert, um zu erfahren, wann einzelne Baumaßnahmen beendet werden. Außerdem habe man das Unternehmen aufgefordert, diese zügig abzuschließen. Nicht nur in Friedrichshain-Kreuzberg scheint das Thema Mini-Baustellen für Frust zu sorgen. 

Das Bezirksamt Mitte teilt auf Valgolios Anfrage hin mit: „Aufgrund der zahlreichen Beschwerden zu diesen Vorgängen fordert das Straßen- und Grünflächenamt in Einzelfällen die Unternehmen zu sofortigem Handeln auf.» Dass der Abschluss der Bauarbeiten sich verzögere, erklärt man mit der „enormen Anzahl» der durch die Telekom auszutauschenden Schächte sowie Herstellungs- und Lieferschwierigkeiten. 

Sofern für kleine Baumaßnahmen eine Zeit von fünf Tagen überschritten wird, müsste eigentlich ein Antrag auf Sondernutzung gestellt werden. Geschieht dies nicht, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, so das Bezirksamt Neukölln. Bußgelder will aber kein Bezirk verhängen. In allen Fällen würden Gründe vorliegen, heißt es aus dem Bezirksamt Mitte. „Ein absichtliches Verschleppen oder Verzögern der Baumaßnahme ist nicht bekannt.» 

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf weist darauf hin, dass das Verhängen eines Bußgelds wegen unerlaubter Sondernutzung aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht infrage kommt. Aus Charlottenburg-Wilmersdorf antwortet man Valgolio unumwunden, dass die „personelle Ausstattung» es derzeit nicht erlauben würde, umfassend zu kontrollieren, zu verfolgen und „gegebenenfalls zu ahnden». 

Auch in Friedrichshain-Kreuzberg scheint das Bezirksamt teils keinerlei Informationen über manche Arbeiten zu haben. Valgolio hat nach mehreren konkreten Mini-Baustellen gefragt, die schon länger vorhanden sind. Zu keiner konnte das Bezirksamt Auskunft geben, weil „keine Anträge gestellt wurden und dementsprechend keine Anordnungen vorliegen». Immerhin, so das Versprechen: Man will nun alle Stellen „zeitnah» kontrollieren, „um den Verursacher festzustellen».

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -