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SPD will deutsche Führungsrolle
Parteikonvent beschließt Leitantrag ohne Gegenstimme
Die SPD wollte sich am Wochenende als diskussionsfreudige und offene Partei präsentieren. Von der Parteispitze wurde erstmals in der Geschichte der Sozialdemokratie ein sogenannter Debattenkonvent organisiert. In Berlin fanden 40 Diskussionsveranstaltungen statt und mehr als 100 Redner kamen zu Wort. Etwa 1000 Personen waren vor Ort. Nach den Worten von Generalsekretär Kevin Kühnert ist die SPD eine »lebendige Programmpartei und kein Kanzlerwahlverein«. Die Partei macht somit frühere Zeiten vergessen, als Parteikonvente hinter verschlossenen Türen über heikle Themen wie die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und Ceta oder über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung abstimmten und danach der damalige Parteichef Sigmar Gabriel vor die Presse trat und die Deutungshoheit für sich beanspruchte. Trotzdem gewann man am Wochenende den Eindruck, dass die SPD noch zahmer als früher ist.
In den Umfragen liegt die Partei um die 20 Prozent und somit deutlich hinter der oppositionellen Union. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage ist selbst der sonst so rebellische Parteinachwuchs darauf bedacht, nicht die eigene Führung zu diskreditieren. Auch Kanzler Olaf Scholz, der bei den Parteilinken jahrelang unbeliebt war, bis er völlig überraschend die Bundestagswahl gewann, muss derzeit intern wenig fürchten.
Die einzig spannende Frage bei der Antragsberatung am Sonntag war, ob die Sozialdemokraten in ihrem Leitantrag auch die Forderung nach Einführung einer Vermögensagabe aufnehmen würden. Parteichefin Saskia Esken trommelt schon seit längerer Zeit dafür und hat die Jusos auf ihrer Seite. Zwar hat die FDP in den Koalitionsverhandlungen mit Sozialdemokraten und Grünen schnell durchgesetzt, dass der Staat die Reichen in diesem Land schonen sollte, aber seit der Verschärfung der Wirtschaftskrise stellt sich zunehmend die Frage, wie die öffentlichen Investitionen finanziert werden sollen.
So argumentierten auf dem Konvent unter anderem die Jungsozialisten. Marco Albers, Nachwuchspolitiker aus Hannover, sagte, dass in dieser Krise an der Vermögensabgabe kein Weg vorbeiführe. »Wir brauchen Verteilungsgerechtigkeit«, erklärte er. Zudem verlangte er, die Schuldenbremse dauerhaft auszusetzen.
Sein junger Offenbacher Genosse Philipp Tümer nannte die Schuldenbremse »eine Fessel für sozialdemokratische Investitionspolitik«. Auch er forderte Änderungen in der Steuerpolitik. »Die Kapitaleinkommen wachsen unverhältnismäßig und nicht die Löhne«, konstatierte er. Die Gelder der Vermögenden müssten stärker für eine sozial-ökologische Transformation herangezogen werden.
Am Ende wurde der Leitantrag einstimmig verabschiedet. Dort standen aber nur recht allgemeine Floskeln zur Steuerpolitik. »Eine gerechtere Besteuerung von Einkommen, Vermögen, Erbschaften sowie Gewinnen und Kapitalerträgen dient der Verteilungsgerechtigkeit«, heißt es in dem Antrag. Zudem sei »die gerechte Verteilung von Chancen, Einkommen und Vermögen bei der Gestaltung der Transformation zentral«. Die SPD schreibt schon seit Jahren in ihren Programmen, dass hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuert werden sollen. Nach den Wahlen fallen diese Forderungen allerdings immer unter den Tisch.
Einig zeigte sich der Konvent in Bezug auf die deutsche Aufrüstungspolitik, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine neue Dimensionen angenommen hat. So steht im Leitrantrag der Sozialdemokraten: »Zu den Grundlagen einer kraftvollen Friedenspolitik gehören auch militärische Fähigkeiten sowie strategische Allianzen.« Spitzenpolitiker der SPD betonen zudem, dass die Bundesrepublik künftig eine noch wichtigere Rolle in der Weltpolitik spielen sollte. Im Antrag wird eine »starke Führungsrolle« Deutschlands betont. »Es gibt bei vielen anderen Ländern den Wunsch, dass Deutschland sich stärker einmischt. Deutschland muss eine Führungsrolle einnehmen, wenn es darum geht, selbstbewusst für unsere Werte zu stehen«, verkündete Parteichef Lars Klingbeil auf dem Konvent.
Der Beschluss des Konvents ist noch nicht offiziell Teil der SPD-Programmatik. Er soll nach den Worten von Klingbeil der Beginn einer Debatte sein, die in einen Antrag zum nächsten Bundesparteitag Ende 2023 münden soll. Dann werden die Sozialdemokraten auch eine Zwischenbilanz ihrer dann zweijährigen Regierungszeit in der rot-grün-gelben Koalition ziehen.
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