Pablo Iglesias meldet sich zurück

Ex-Podemos-Chef mahnt Geschlossenheit der spanischen Linken vor den Wahlen an

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.
Vergangene Zeiten: Pablo Iglesias herzt im Wahlkampf 2019 Yolanda Díaz, der er nun politische Alleingänge vorwirft.
Vergangene Zeiten: Pablo Iglesias herzt im Wahlkampf 2019 Yolanda Díaz, der er nun politische Alleingänge vorwirft.

Dass es in der spanischen Linkspartei Unidas Podemos (UP) kracht, ist kein Geheimnis. Der Streit um den Führungsanspruch und um inhaltliche Positionen bricht vor den Kommunalwahlen und Wahlen in zwölf Regionen des Landes im Mai 2023 voll aus. Das hat der Abschluss der »Herbstuniversität« der Linkspartei Podemos in der Hauptstadt Madrid am Wochenende gezeigt, auf der nach den Urwahlen die Kandidat*innen für die Wahlen vorgestellt wurden.

Einen gewichtigen Auftritt legte dabei Pablo Iglesias hin, der Podemos-Mitbegründer und Ex-Chef der Partei. Er wetterte gegen Arbeitsministerin Yolanda Díaz, die er einst bei seinem Abgang aus der Politik vor 17 Monaten noch selbst als Nachfolgerin für die UP-Führung auserkoren hatte. Dass Díaz eine feministische »breite Front« unter dem Namen »Sumar« (übersetzt: summieren) aufbauen will, um bei den Parlamentswahlen in einem Jahr als Kandidatin gegen den sozialdemokratischen Regierungschef Pedro Sánchez anzutreten, darüber hat »nd« genauso berichtet wie über die Tatsache, dass dabei die Podemos-Chefin Ione Belarra oder andere Podemos-Führungsfrauen außen vor gelassen wurden. Das hatte schon zu starken Verstimmungen geführt, da auch die Lebensgefährtin von Iglesias, die Ministerin für Gleichstellung Irene Montero, bisher nicht in die Überlegungen von Díaz eingebunden ist.

Iglesias forderte »Respekt« von Díaz, die als beliebteste Politikerin in Spanien gilt. Er erinnerte Díaz daran, dass sie als Mitglied der Vereinten Linken (IU) nur über Podemos Vize-Ministerpräsidentin Spaniens werden konnte und dass sie sich sogar gegen den Dialogprozess zur Regierungsbildung mit den Sozialdemokraten (PSOE) gestellt habe. Es gebe nun aber »den einen oder die andere, die sich trauen, die Podemos-Basis zu missachten«, erklärte Iglesias, ohne Díaz direkt anzusprechen. »Podemos muss respektiert werden.«

Dass vor allem die Arbeitsministerin gemeint war, zeigte sich aber deutlich. Denn sie will Sumar als Plattform außerhalb von Parteien aufbauen. Sie hat dafür einen Prozess des »Zuhörens« gestartet und führt derzeit Veranstaltungen, Treffen und Gespräche mit Sympathisanten im ganzen Land durch. »Es gibt keinen reaktionäreren Diskurs als den, der besagt, das Problem seien die Parteien«, wetterte Iglesias. Er ist überzeugt, dass Podemos und Sumar zusammengehen müssen. Er fürchtet aber, dass Podemos, die bisher den Ton in der Koalition angegeben hatte, von Sumar beerbt, wenn nicht sogar beerdigt werden soll.

»Podemos ist nicht tot«, wurde deshalb wie ein Mantra auf der »Herbstuni« immer wieder betont. Iglesias bekräftigte, dass Podemos weiter eine zentrale Rolle spiele. Er warf Díaz und ihren Mitstreiterinnen unterschwellig vor, darauf hinzuarbeiten, dass die Partei bei den Wahlen im Mai schlecht abschneidet. »Glaubt jemand, dass es gut für eine linke Kandidatur bei den Parlamentswahlen laufen kann, wenn es schlecht für Podemos bei den Kommunal- und Regionalwahlen läuft?« Er beantwortete die rhetorisch gestellte Frage selbst: »Man muss dafür bescheuert sein.«

Dass die Ansichten des ehemaligen Chefs eine große Bedeutung in Podemos haben, wurde am Montag bei der Auswertung der Ergebnisse der »Herbstuni« deutlich. So erklärte der Podemos-Sprecher Javier Sánchez in seiner Analyse, dass es längst nicht ausgemacht sei, wer Spitzenkandidat*in für die Parlamentswahlen in einem Jahr sein werde. Bisher hatte die Partei Díaz Kandidatur nie angezweifelt.

Hatte der Auftritt von Iglesias schon etwas von einem Comeback in die Politik, ist nun unklar, ob er eine Rückkehr oder sogar eine Kandidatur wagen wird, sollten sich die inhaltlichen Widersprüche in dem Linksbündnis UP zuspitzen. Von ihnen gibt es reichlich, zumal die UP-Erfolge in der Regierungskoalition dünn gesät sind. So wurde die Arbeitsmarktreform der rechten Vorgängerregierung nicht wie versprochen gestrichen, sondern nur überarbeitet. Beklatscht haben dies vor allem Unternehmer, da 95 Prozent der rechten Reform unangetastet blieben. Beim Maulkorbgesetz, das auch gestrichen werden sollte, gibt es nicht einmal eine Reform und das Mietengesetz blockiert die PSOE.

Vor allem in der Ukraine-Politik gibt es heftige Widersprüche in UP, die als Juniorparter der PSOE die spanische Minderheitsregierung bildet. Podemos lehnt Waffenlieferungen ab. Doch gerade hat Spanien Raketenwerfer geliefert und will auch ein Flugabwehrraketensystem zur Verfügung stellen. Belarra hatte sich für eine »radikale Diplomatie« und gegen einen »totalen Krieg« ausgesprochen. Díaz hat die Waffenlieferungen von Sánchez allerdings verteidigt, was viele in der Linken gegen sie aufgebracht hat.

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