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Niedrigere Kita-Gebühren ab Januar
Komplette Beitragsbefreiung bei einem jährlichen Nettoeinkommen der Familie bis 35 000 Euro
Vom 1. Januar 2023 an wird in Brandenburg eine neue Kita-Beitragsordnung gelten. Die Koalitionsfraktionen SPD, CDU und Grüne präsentierten am Dienstag ihr Vorhaben, wonach alle Familien mit einem jährlichen Nettohaushaltseinkommen von weniger als 35 000 Euro völlig von Beiträgen befreit sind. Bislang lag diese Grenze bei 20 000 Euro.
SPD-Fraktionschef Daniel Keller sprach von einer spürbaren Ausweitung der Beitragsbefreiung und einer Entlastung für niedrige und mittlere Einkommen. Vor allem Alleinerziehende würden nunmehr weitgehend von der Kita-Gebühr ausgenommen. Nach Berechnungen der Koalition steigt damit die Zahl der Kinder, deren Eltern vollkommen von Beiträgen befreit sind, von rund 55 000 auf über 100 000. Laut Keller werden noch weitere 30 000 bis 40 000 Kinder besser gestellt. Das heißt, ihre Eltern müssen zwar weiter Kita-Beiträge entrichten, aber es werden geringere Beiträge sein als bislang. Für die Kinderkrippe der ganz Kleinen gelten künftig je nach Einkommen Höchstbeiträge zwischen 60 und 210 Euro, für den Kindergarten der älteren Kinder Höchstbeträge zwischen 50 und 200 Euro und für den Schulhort zwischen 40 und
70 Euro. Daniel Keller verwies darauf, dass das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung in Brandenburg ohnehin schon komplett beitragsfrei sei. Diese Kinder hinzugerechnet besuchen insgesamt 190 000 Mädchen und Jungen eine Krippe, einen Kindergarten oder den Hort, ohne dass ihre Eltern etwas zuzahlen müssen. Die Pläne der Koalition sehen vor, dass ab 1. August 2024 in diesem Bereich weitere Entlastungen vorgenommen werden.
Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Jens Graf erinnerte daran, dass die Gemeinden, die die Elternbeiträge kassierten, einen finanziellen Ausgleich vom Land erwarteten. Bislang seien die Höchstbeiträge gedeckelt. Da die Kosten in den vergangenen Monaten aber rasant gestiegen seien, müsse die entstandene Differenz vom Land gezahlt werden. Graf zufolge sind die Elternbeiträge der geringste Teil der Kita-Finanzierung. Die Kommunen wenden ihm zufolge zwischen 500 und 600 Millionen Euro im Jahr für die Betreuung auf, das Land stellt 1,3 Milliarden Euro.
Haushalte, deren jährliches Nettoeinkommen 55 000 Euro und mehr beträgt, müssen weiter Kita-Beiträge wie bisher bezahlen. Die Linke spricht sich dafür aus, auch diesen Familien die Elternbeiträge zu erlassen, also alle, ob arm, ob reich, von der Zuzahlung zu befreien. Um das Ziel völliger Beitragsfreiheit zu erreichen, sind laut Linksfraktionschef Sebastian Walter im kommenden Jahr 195 Millionen Euro notwendig, im übernächsten Jahr 160 Millionen. »Sie müssen sagen, woher dieses Geld kommen soll«, merkte SPD-Fraktionschef Keller dazu an. Die Landesregierung nehme schon 115 Millionen Euro zusätzlich in die Hand, um an dieser Stelle eine Entlastung zu finanzieren.
Für Grünen-Fraktionschefin Petra Budke ist die neue Beitragsordnung durchaus ein weiterer Schritt hin zur allgemeinen Beitragsfreiheit. Sie verwies darauf, dass nicht nur die Abschaffung der Elternbeiträge zur Debatte stehe, sondern auch die Verbesserung der Qualität der Betreuung. »Auch die ist nicht zum Nulltarif zu haben«, erinnerte Budke. Das Kindergeld fließe in die Berechnungen des Einkommens nicht ein. Es komme zu den 35 000 Euro Jahreseinkommen hinzu.
Nach Ansicht von CDU-Fraktionschef Jan Redmann muss auch in der Sozialpolitik sichergestellt bleiben, »dass sich in Deutschland das Arbeiten weiter lohnt«. Wenn Empfänger von Transferleistungen ohnehin von Kita-Beiträgen befreit seien, Empfänger geringerer Einkommen aber nicht, so könne der Grundsatz, dass sich Arbeit lohnen müsse, rasch in Gefahr geraten. Das gelte umso mehr, als berufstätige Menschen heute höhere Heizkosten hätten und ihr Auto betanken müssten, wenn sie ihren Arbeitsort erreichen wollten. Mit dem gefundenen Modell werde auch jenen, die für ihr Einkommen arbeiteten, spürbar geholfen. »Es handelt sich um einen Beitrag, um arbeitende Familien zu entlasten«, erklärte der CDU-Politiker.
»Die Entlastung der Eltern mit unteren und mittleren Einkommen ist in der aktuellen Situation eine sehr direkte Hilfe«, lobte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) die Initiative der Koalitionsfraktionen. »Krippe, Kindergarten, Hort und Kindertagespflege müssen auch in schwierigen Zeiten als Bildungsangebot allen offenstehen«, sagte sie. Ihr Ministerium werde zu einer schnellen und reibungslosen Umsetzung des Plans beitragen. »Des Weiteren kommt wie geplant die komplette Beitragsfreiheit für den Kindergarten in zwei Schritten«, versicherte sie.
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