Nachbarschaft statt Investoreninteressen

Eine Demo für Groß und Klein: Zum achten Mal fand der widerständige Laternenumzug in Kreuzberg statt.

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit den Kiezdrachen "Fumara" und "Schnaub" wird gegen Verdrängung in Kreuzberg demonstriert.
Mit den Kiezdrachen "Fumara" und "Schnaub" wird gegen Verdrängung in Kreuzberg demonstriert.

Auf dem Rio-Reiser-Platz klirren die Schlüsselbünde. Ein Signal, dass die selbst gebastelten Kiezdrachen zum Leben erweckt und mit dem der widerständige Laternenumzug der Nachbarschaftsaktivisten von Bizim Kiez startet. Auf ihrem Weg durch Kreuzberg führt die Demonstration, an der auch zahlreiche Kinder teilnehmen, entlang an Orten, an denen die Verdrängung im Kiez sichtbar wird. Mittlerweile ist es der achte Laternenumzug. »Das ist schön, aber es ist eben auch ernüchternd, dass es so viele Anlässe gibt«, sagt Lorena Jonas von Bizim Kiez beim Start der Demo.

Einer ist der Fall der Manteuffelstraße 51. Wie viele andere im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist auch dieses Haus in den vergangenen Jahren in Eigentumswohnungen aufgeteilt worden. Aufsehen erregt hatte zuletzt der Fall einer Seniorin, die hier ausziehen muss, weil der Wohnungseigentümer seinen Sohn in der Wohnung unterbringen will. Nicht nur im Kreuzberger Bestand sind Eigentumswohnungen ein Problem, in der Reichenberger Straße zieht die Demo auch an einem Neubauprojekt vorbei, das die Nachbarschaft wütend macht. Unter dem Namen »Hype & Hide« soll hier in einem Hinterhof ein Gebäude mit zehn Eigentumswohnungen entstehen. Das Immobilienunternehmen Ziegert wirbt damit, dass der Neubau eingebettet sei in eine »inspirierende Nachbarschaft, die geprägt ist von authentischem Charme«. Letztlich werbe man mit der Kreuzberger Mischung, die genau wegen solcher Vorhaben zu verschwinden droht, heißt es auf der Demo.

Doch Verdrängung ist nicht nur ein wohnungspolitisches Thema. Die Aktivisten von »Wrangelkiez United« weisen auch auf die Polizeikontrollen und die Fälle von Polizeigewalt im Görlitzer Park hin. Der Drogenhandel werde dadurch lediglich in die Hauseingänge im Kiez verlagert. Ja, Kriminalität sei ein Thema, sagen die Aktivisten auf der Demo. »Es braucht aber solidarische Lösungen.« Das seien allen voran Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für die Menschen, die hier in die Illegalität gezwungen werden.

Trotz allem endet der Laternenumzug auch mit einem Beispiel dafür, was eine widerständige Nachbarschaft erreichen kann. Bereits im vergangenen Jahr stoppte die Demo beim Kinderladen »Irgendwie anders« in der Oppelner Straße. Eine Mieterhöhung auf 19 Euro den Quadratmeter machte Pädagogen, Eltern und Kindern Angst. Dank der Unterstützung aus dem Kiez konnte diese aber abgewendet werden. Jetzt kämpft der Kinderladen dafür, dass der Mietvertrag verlängert wird. »Ohne längere Laufzeit müssen wir bald dicht machen«, sagt die Leiterin Nina Hofediz. Auch wenn der Eigentümer andere Pläne habe, sei es »unser Kinderladen, unsere langjährige Arbeit und unser Kiez«, so Hofediz.

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