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Raketen auf Rojava mit deutscher Technik
Lieferungen von Bauteilen war laut Firma für Krankenwagen bestimmt
Seit Wochen bombardiert das türkische Militär die Autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien in Rojava. Viele dieser Angriffe auf Städte und Dörfer erfolgen mit Kampfdrohnen vom Typ »Bayraktar TB2«. Abermals wird nun nachgewiesen, dass dabei Technik aus Deutschland im Spiel ist. Laut der in London ansässigen Organisation Conflict Armament Research (CAR) werden elektromagnetische Bremsen zur Steuerung von Raketen verwendet. Diese stammen vom niederländischen Unternehmen Kendrion, werden aber am deutschen Standort in Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg produziert. Eine in Wrackteilen gefundene Seriennummer belegt die Herstellung in Deutschland.
Für die am Dienstag veröffentlichte Untersuchung hat die CAR Überreste von 17 türkischen Luft-Boden-Raketen vom Typ »MAM« analysiert, die in Nordostsyrien gefunden worden waren. Die lasergesteuerten Waffen stammen vom türkischen Rüstungskonzern Roketsan und sind für Drohneneinsätze optimiert. Diese sogenannte Mikro-Präzisionsmunition enthält zudem Komponenten von US-amerikanischen oder chinesischen Firmen.
Kendrion will von der Verwendung seiner Bauteile in Raketen nichts gewusst haben. Die bis zu 25 000 gelieferten Bremsen seien für die Bluttransfusion in Krankenwagen bestimmt gewesen und von der ebenfalls in der Türkei ansässigen Elektronikfirma FEMSAN bestellt worden. Das bestätigte ein Sprecher gegenüber dem »nd«. Diese Geschäftsbeziehung wurde nach dem CAR-Bericht, bei dem Kendrion kooperiert hat, abgebrochen.
Roketsan hat die leichtgewichtigen »MAM«-Raketen mutmaßlich mit deutscher Hilfe entwickelt. Die Bundesregierung erteilte ab 2010 Exportgenehmigungen für Gefechtsköpfe einer Panzerabwehrrakete der Firma TDW Wirksysteme GmbH aus dem bayerischen Schrobenhausen. Sie könnten als Vorlage für die türkischen Lenkwaffen gedient haben. Auch Anlagen zur Fertigung der Raketen sollen in die Türkei exportiert worden sein. »Bayraktar TB2« fliegen zudem mit Sensortechnik des deutschen Rüstungskonzerns Hensoldt.
Kritisch äußerte sich medico international. »Die aktuellen türkischen Luftangriffe zerstören gezielt zivile Infrastruktur, das ist völkerrechtswidrig«, erklärte die Syrien-Referentin der Menschenrechtsorganisation, Anita Starosta, gegenüber dem »nd«. Jede Beteiligung durch deutsche Firmen sei fatal und müsse verhindert werden.
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