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Mehr Sicherheit für Whistleblower
Welche Folgen hat das neue Hinweisgeberschutzgesetz für Unternehmen
Das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das 2023 in Kraft treten soll, wird den Schutz von Personen regeln, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Gleichzeitig soll ein verbesserter Hinweisgeberschutz mit den Interessen von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung in Einklang gebracht werden, sodass bürokratische Belastungen überschaubar bleiben. Und anders als oft gedacht, kann das Aufdecken von Missständen und das Bekennen zu gesetzeskonformem Verhalten in der öffentlichen Wahrnehmung durchaus zu einem Imagegewinn führen.
Vorteilhaft für Unternehmen?
Unter den Schutzbereich des Gesetzes als Hinweisgeber fallen alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese den vorgesehenen Meldestellen offenlegen. Darüber hinaus werden Menschen geschützt, die von einer Enthüllung betroffen sind. Es geht hier nicht um eine Beschwerde über den Arbeitsplatz, die medienwirksam öffentlich gemacht wird. Und auch nicht um die Weitergabe von Interna an Konkurrenten oder die Rache an ehemaligen Arbeitgebern.
Das neue Hinweisgeberschutzgesetz betrifft ausschließlich Aktivitäten, die per Gesetz ohnehin verboten sind, wie beispielsweise Straftaten, Diskriminierung, Bestechlichkeit oder Insiderhandel. Durch das Aufdecken von entsprechenden Verstößen gelten unternehmensinterne Informanten als hervorragendes Frühwarnsystem, das es Firmen ermöglicht, illegalen Machenschaften und Strukturen frühzeitig auf die Spur zu kommen und sie unternehmensintern zu bewältigen – ohne über den Skandal in den Medien lesen zu müssen. Arbeitgeber erhalten somit die Chance, proaktiv gegen Missstände vorzugehen, und vermeiden erhebliche Bußgelder sowie Imageschäden.
Was ist bereits jetzt zu tun?
Bereits seit dem 18. Dezember 2021, dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht, ist der öffentliche Sektor in Deutschland dazu verpflichtet, interne Hinweisgebersysteme anzubieten. Die EU-Whistleblowing-Richtlinie sieht zwar auch hier mögliche Abweichungen vor, jedoch sind davon lediglich Kommunen mit weniger als 10 000 Einwohnern oder unter 50 Mitarbeitern betroffen. Auch private Firmen sollten nicht bis zur Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht warten, sondern bereits jetzt geeignete Kanäle und Verfahren zum Umgang mit Hinweisen einrichten. Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern müssen laut Gesetzentwurf sofort sichere Hinweissysteme einführen, Betriebe mit 50 bis 249 Angestellten erhalten eine Übergangszeit bis Dezember 2023.
Die Anforderungen an entsprechende Kanäle sowie an die Behandlung von eingehenden Informationen sind in der Whistleblower-Richtlinie bereits benannt. So muss das Verfahren mündlich, schriftlich und auf Wunsch auch persönlich möglich sein. Vorgeschrieben sind interne und externe Kanäle. Welchen Weg die Hinweisgeber wählen, steht ihnen völlig frei. Das Bundesamt für Justiz wird eine externe Meldestelle einrichten. Sie wird für Bund und Länder zuständig sein und Hinweise aus der Privatwirtschaft und dem Public Sector annehmen. In speziellen Zuständigkeitsbereichen sind auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und das Bundeskartellamt einbezogen.
Intern sind ein elektronisches Hinweisgebersystem und Mitarbeiter aus der Compliance-Abteilung als Ansprechpartner denkbar. Sie sind verpflichtet, dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen den Eingang des Tipps zu bestätigen sowie ihn innerhalb von drei Monaten darüber zu informieren, welche Maßnahmen ergriffen wurden. Dazu zählen die Weitergabe der Informationen an zuständige Behörde oder die Einleitung interner Untersuchungen. Sollten Hinweise ohne Rückmeldung bleiben oder Gründe für die Gefährdung des öffentlichen Interesses bestehen, sind Whistleblower beim Gang an die Öffentlichkeit vom Hinweisgebergesetzes geschützt.
Der Autor ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei gunnercooke mit deutschen Standorten in Berlin, Düsseldorf, München und Hamburg.
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