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Geschlechtergeschichte soll bleiben

Studierende in Jena gründen nach dem Ende der Hörsaalbesetzung das Bündnis »Mehr Bildung wagen!«

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch die Verdi-Hochschulgruppe hat sich mit den Besetzer*innen solidarisiert.
Auch die Verdi-Hochschulgruppe hat sich mit den Besetzer*innen solidarisiert.

Es war eigentlich schon entschieden: Nach 2025 sollte der Lehrstuhl für Geschlechtergeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena abgeschafft werden. Die Protestaktionen der Studierenden in den letzten Wochen könnten dies nun noch einmal verhindert haben. Am Dienstag beschloss der Fakultätsrat der philosophischen Fakultät, »belastbare Wege für den Erhalt der Professur für Geschlechtergeschichte« zu prüfen.

Die Gruppe der Hörsaalbesetzung unter dem Motto »Geschlechtergeschichte bleibt« hat als Reaktion darauf am Donnerstagmorgen den Hörsaal eins wieder für die Lehre freigegeben. »Wir wollen der Unileitung einen Vertrauensvorschuss geben«, sagt Jonas von der Hörsaalbesetzung im Gespräch mit »nd«. Er sei »vorsichtig optimistisch«, dass die Professur nun erhalten bleibe. Allerdings sei der Auftrag des Fakultätsrats sehr offen formuliert. »Wir behalten uns vor, wieder zu anderen Protestformen zu greifen, wenn sich herausstellt, dass die Gespräche im Sande verlaufen«, sagt Jonas.

Die Besetzer*innen haben sich zu dem Bündnis »Mehr Bildung wagen!« zusammengeschlossen, das am Donnerstag vorgestellt wurde. »Wir gehen gestärkt aus der Besetzung«, sagt Kyra vom Bündnis. Die Studierenden wollen sich nun – im Austausch mit Beschäftigten anderer Studienfächer – für die Ausfinanzierung der Geisteswissenschaften und sichere und gut bezahlte Arbeit an der Universität einsetzen. Sie fordern mehr Geld für die Geisteswissenschaften, tariflich und dauerhaft abgesicherte akademische Arbeit, ein entschiedenes Vorgehen gegen den Rechtsruck im Land und eine Demokratisierung der Universität. Letzteres war ein Kernanliegen der Besetzung gewesen. Die Entscheidung im Fakultätsrat vom Juli sei getroffen worden, ohne die Argumente der Studierenden anzuhören. Die derzeitige Lehrstuhlinhaberin Gisela Mettele zeigt sich überwältigt vom Engagement der Studierenden: »Das zeigt, wie wichtig das Fach aus der Perspektive der Studierenden ist. Sie haben bewirkt, dass die Debatte, die im Sommer nicht geführt wurde, nun stattfindet«, sagt sie zu »nd«.

Dem Bündnis zufolge haben mehr als 40 Gruppen und Einzelpersonen Unterstützung für ihr Anliegen formuliert, darunter Gewerkschaften, Stadtratsfraktionen, Mitglieder des Landtags und Universitäts-Institute. Die Gleichstellungsbeauftragte von Thüringen, Gabi Ohler, äußerte sich positiv über die neue Entscheidung des Fakultätsrats: »Demokratische Prozesse leben von Diskussion und dem Beziehen von Position. Frühere Entscheidungen zu prüfen und neu zu orientieren, gehört dazu«, schrieb sie auf Twitter.

Die Linke in Jena will gemeinsam mit den Grünen einen Antrag in den Stadtrat einbringen, in dem sie fordern, dass der Stadtrat seine Unterstützung für den Erhalt des Fachbereichs erklärt und den Oberbürgermeister beauftragt, das Gespräch mit dem zuständigen Dekan und dem Präsidenten der Hochschule zu suchen.

Im Juli hatte der damalige Fakultätsrat der philosophischen Fakultät beschlossen, den Lehrstuhl nach Emeritierung der bisherigen Inhaberin Gisela Mettele im Jahr 2025 nicht neu zu besetzen, sondern in einen Lehrstuhl für Digital Humanities (digitale Geisteswissenschaften) umzuwidmen. Studierende fordern den Erhalt des Lehrstuhls und besetzten für zwei Wochen einen Hörsaal der Uni. Der Studiengang führt das Geschlecht als zentrale Analysekategorie an den jeweiligen historischen Gegenstand heran und erlaubt somit eine geschlechterspezifische Analyse historischer Ereignisse. Es ist der einzige Studiengang Geschlechtergeschichte bundesweit. Eine Abschaffung wäre ein »fatales Signal angesichts eines sich auf politischer Ebene vollziehenden Rechtsrucks«, so die Studierenden.

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