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Widerspruch gegen weiß-blaue Repression
Bayern geht mit aller Härte gegen Klimaproteste vor. Die Linkspartei sieht darin eine Verletzung der Verfassung und reicht Klage ein
Die Linkspartei in Bayern will vor dem Bayerischen Verfassungsgericht gegen die im Freistaat praktizierte Präventivhaft klagen. Bis zum Samstag saßen acht Klimaaktivisten, die sich aus Protest gegen die Klimapolitik auf die Straße geklebt hatten, im Gefängnis ein; zwei davon sollen bis zum 5. Januar nächsten Jahres in Gewahrsam bleiben. Das sei »völlig unverhältnismäßig«, kritisierte Adelheid Rupp, Landessprecherin der Linken in Bayern, am Freitag auf einer Pressekonferenz in München. Diese Vorbeugehaft verletze die bayerische Verfassung, man erwarte bis Ende Januar zumindest eine einstweilige Anordnung des Gerichts.
Möglich wird die Vorbeugehaft, die zurzeit gegen Klimaaktivisten angewandt wird, durch das 2018 novellierte bayerische Parteiaufgabengesetz (PAG), das damals vor allem gegen islamistische Terroristen gerichtet war. Gegen das Gesetz ist inzwischen eine ganze Reihe von Klagen anhängig, darunter von der SPD und den Grünen im bayerischen Landtag. Diese Klagen richten sich aber gegen ein ganzes Bündel einzelner Punkte des Gesetzes wie etwa das Betretungsverbot und die Identitätsfeststellung. Dementsprechend lange dauert es bis zur Entscheidung der Gerichte. Demgegenüber richtet sich die Popularklage der Linkspartei nur gegen einen Punkt, die Präventiv- oder Vorbeugehaft. Diese erlaubt es, Personen in Bayern bis zu zwei Monate einzusperren. In anderen Bundesländern bleibe es bei Blockaden bei mündlichen Verwarnungen oder geringen Freiheitsstrafen, so Rupp.
Der Strafverteidiger Jochen Ringler wies darauf hin, dass es sich bei dieser Vorbeugehaft eigentlich um ein polizeiliches Gewahrsam handele, bei dem die Inhaftierten das Recht auf Kontakt zu Angehörigen und Rechtsanwälten sowie auf persönliche Sachen hätten. Das werde in den Justizvollzugsanstalten aber oft ignoriert. Jörg Jovy vom Bündnis No PAG kritisierte ebenso wie der Münchner Linke-Stadtrat Thomas Lechner die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme und verwies auf die Rechtsprechung zu Blockaden bei der geplanten Atomaufbereitungsanlage Wackersdorf in den 80er Jahren. Darin heißt es, Blockaden seien zulässig, wenn damit ein kommunikativer Zweck erfüllt werde. Jovy kritisierte die »Kriminalisierung einer jungen Bewegung« und äußerte die Vermutung, die CSU wolle sich angesichts der Landtagswahlen im kommenden Jahr als Law-and-Order-Partei profilieren.
»Der Staat fährt seine Waffen gegen uns auf«, kritisierte Klimaaktivistin Lisa Poettinger. Während die Politik wie gewohnt weitermache, werde die Klimabewegung kriminalisiert. Sie versicherte: »Wir werden weiterkämpfen.« Denn die Auswirkungen der Klimakrise seien bereits spürbar, Profite würden weiter über die Bedürfnisse der Menschen gestellt, anstatt etwa die Auto- und Kohleindustrie zu reduzieren.
Hintergrund für die Klage der Linkspartei ist, dass München sich seit einigen Wochen zum Hauptkampfplatz der Klimaaktivisten entwickelt und der Freistaat Bayern dasjenige Bundesland ist, das mit der Präventivhaft die schärfsten Maßnahmen gegen die Proteste auffährt. Begonnen hatten die Aktionen am 25. Oktober, als die Klimaaktivisten mit dem Festkleben auf Münchner Straßen begannen, zunächst unter Federführung der Gruppe Scientist Rebellion, einer Vereinigung von Wissenschaftlern. Seit Anfang November ist die Letzte Generation für die Klebeaktionen verantwortlich, mit Hilfe von Sekundenklebern wurden zentrale Orte der Stadt wie der Stachus und der Odeonsplatz Schauplatz von Verkehrsblockaden. Auch am Hauptbahnhof und am Münchner Flughafen klebten sich Aktivisten am Boden fest. Die bayerische Polizei hat inzwischen offenbar sogar Spezialeinheiten gebildet: Im Innenausschuss des Landtags berichtete Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dass die Bereitschaftspolizei und einige Polizeipräsidien mittlerweile über besonders ausgebildete und ausgerüstete Beamte verfügten, die für die Lösung festgeklebter Aktivisten geschult seien – sogenannte Glue-on-Teams.
Mittlerweile unterstützt auch die Stadt München den Kampf der Polizei. Seit einer Woche sind »per Allgemeinverfügung zur allgemeinen Gefahrenabwehr alle Versammlungen in Zusammenhang mit Klimaprotesten in Form von Straßenblockaden, bei denen sich Teilnehmende fest mit der Fahrbahn oder in anderer Weise fest verbinden«, verboten. Die Verfügung gilt bis zum 8. Januar. Das Verbot erstreckt sich auf alle Straßen, die für Rettungseinsätze und sogenannte Gefahrenabwehrmaßnahmen besonders kritisch sind sowie auf Autobahnen und die dortigen Schilderbrücken. Denn am 5. Dezember waren auch zwei Autobahnen rund um München von Blockaden betroffen. Stadtrat Lechner sagte angesichts dieser Allgemeinverfügung, man setze auf »Verordnung statt Debatte«, die SPD ducke sich »komplett weg«.
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