Drei neue alte Freunde

Plattenbau: Bright Eyes haben ihre drei »Companion EPs« neu eingespielt

  • Benjamin Moldenhauer
  • Lesedauer: 3 Min.

Von Bright Eyes habe ich viel zu lange nichts mehr gehört. Vielleicht, weil die letzten Alben, also alles, was nach »Digital Ash in a Digital Urn« und »I’m Wide Awake, It’s Morning« erschienen ist, doch irgendwie prima und gut und richtig, aber eben leider frei von der Intensität war, die die Musik der Band um Conor Oberst bis dahin auszeichnete. Alles ab da wohltemperiert, während sich Stimme und Instrumente und Textkaskaden zuvor immer wieder gemeinsam begeistert überschlugen.

Bright Eyes hatten mit dem 2002 erschienenen »Lifted or The Story Is in the Soil, Keep Your Ear to the Ground« und den beiden 2005 zeitgleich erschienenen oben genannten Nachfolgeplatten ein Albumtrio hingelegt, das vor Ideen, textlich wie musikalisch, geradezu überbordete. Songs, die damals schon wirkten wie Klassiker, die immer neu und lebendig klingen würden: »Gold Mine Gutted«, »First Day of My Life«, »Old Soul Song (for the New World Order)« – viel Schöneres, Tiefergehendes, klüger Arrangiertes hat der Indie-Folk nicht hervorgebracht.

Plattenbau
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Indie-Folk allerdings nur im weitesten Sinne. Bright Eyes haben schon auf dem Lo-Fi-lastigen Frühwerk mehr Ideen in einen Song eingespeist als im Genre eigentlich vorgesehen ist. Und auch nicht auf Authentizitätssuggestion gesetzt. Obwohl Conor Oberst vom hiesigen Feuilleton als wunderliches, rotweinsaufendes Wunderkind und Spinnergenie beschrieben wurde. Tatsächlich aber hört man bei Bright Eyes in allen Phasen das Spiel mit Genrestandards und Zitaten und die Lust am Geschichtenerzählen und Fabulieren durch. Was sich auch darin zeigt, dass diese Songs anschlussfähig und offen klingen.

Inzwischen spielen Bright Eyes ihre Songs aus den ersten Jahren noch einmal ganz anders, zerlegen die Arrangements und instrumentieren alles neu. Die Musik auf den drei besten Alben der Band ist jetzt, ganz anders gespielt, auf drei Companion-EPs noch einmal zu entdecken. Je Album wurden sechs Stücke noch einmal auseinander- und neu wieder zusammengebaut.

Der Companion zu »Lifted« beginnt mit einer frohsinnigen Power-Rock-Version des ursprünglich mal sehr spröden Lo-Fi-Klagegesangs »The Big Picture«. »You Will. You? Will. You? Will. You? Will« wird zum geschmackvoll arrangierten Adult-Rock-Schunkelstück, und auch »Laura Laurent« und »Nothings Crossed Out« werden vollends auf Breitwandformat gezogen.

Während der »Lifted«-Companion also alles noch zwei Ideen größer, opulenter (und in einigen Momenten auch breitärschiger) werden lässt, nimmt der zu »Digital Ash In a Digital Urn« den entgegengesetzten Weg. »Digital Ash« war 2005 das Elektronik-Album der Bright Eyes. Der dazugehörige Companion fasst die Stücke als spartanisch instrumentierte Folk-Stücke noch einmal neu. Und in dieser Skelettform erinnern sie daran, wie ungemein berührend diese Songs damals, vor fast 20 Jahren, einmal waren. Und wie leicht man sich von ihnen hat berühren lassen.

Weniger gut funktionieren die Neufassungen von sechs Songs von »I’m Wide Awake, It’s Morning«. Vielleicht, weil das die Bright-Eyes-Stücke sind, die dann doch so ausgearbeitet und von nahezu magischen kompositorischen Glücksmomenten bestimmt waren, dass wirklich nichts mehr hinzuzufügen ist. In den meisten Fällen hat die Band die sechs Stücke anhand für sich schon nicht so zwingend klingender Loops neu gefasst. Damit ist zumindest die dritte EP vor allem eine freundliche Aufforderung, eines der musikalisch eindrucksvollsten Alben der Nullerjahre nach langer Zeit wieder mal zu hören.

Bright Eyes: »Lifted Or The Story: A Companion EP« (Dead Oceans)
Bright Eyes: »Digital Ash In A Digital Urn: A Companion EP« (Dead Oceans)
Bright Eyes: »I’m Wide Awake, It’s Morning: A Companion EP« (Dead Oceans)

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