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Als Retter der Menschheit gefeiert
Zum 200. Geburtstag von Louis Pasteur
Sein Name ist in die Alltagssprache eingegangen, denn dass Milch länger haltbar ist, verdankt sie dem Pasteurisieren. Seine größten Erfolge hatte er allerdings mit der Entdeckung des Immunisierungsprozesses und der daraus abgeleiteten Erfindung der Impfung.
Louis Pasteur wurde am 27. Dezember 1822 in der Kleinstadt Dole im französischen Jura geboren. Sein Vater war Gerber, wie auch schon sein Großvater. Doch den offensichtlich hochbegabten Sohn schickte er auf das Gymnasium und die Universität. Schon als Kind ließ Louis Pasteur die Frage nicht los, warum Tierfelle verderben, wenn sie nicht gegerbt werden. Daraus leiteten sich auch spätere Forschungen und Entdeckungen ab, die sein Leben als Wissenschaftler bestimmten. Nach Studium und Promotion in Chemie und Physik wurde er zum Physikprofessor an die Universität von Straßburg berufen. Dort konzentrierte er sich darauf, aktuelle Probleme in Industrie und Landwirtschaft wissenschaftlich unter die Lupe zu nehmen, zum Beispiel die Frage, warum sich manches Obst zu Alkohol vergären ließ und manches einfach nur schlecht wurde. Der gängigen Annahme der Wissenschaft, dass Obst aus sich selbst heraus Maden und Pilze hervorbrächte und sich die Materie so selbst zerstörte, folgte Pasteur nicht. Er war überzeugt, dass nichts entstehen kann, was nicht schon einen Keim in sich trägt. Tatsächlich fand er unter dem Mikroskop winzige Lebewesen, die die Ursache der Gärung waren und sich von der Materie ernährten. 1864, inzwischen als stellvertretender Direktor an die Pariser École normale berufen, konnte er durch das Filtern der Luft nachweisen, dass sie winzige Keime und Sporen enthielt. Zunächst beim Wein und dann auch bei Milch entdeckte er die Möglichkeit, zersetzende Mikroorganismen unschädlich zu machen, indem man die Flüssigkeiten kurz auf 65 bis 70 Grad Celsius erhitzt.
Pasteur urteilte: »Wenn man sieht, wie Bier und Wein tiefgreifende Veränderungen erleiden, weil Mikroorganismen sich in diesen Flüssigkeiten angesiedelt haben, die unsichtbar und zufällig in sie eingedrungen sind und sich dort vermehrt haben, dann muss man von dem Gedanken beherrscht sein, ob nicht Ereignisse gleicher Art auch bei Menschen und Tieren vorkommen.«
Seine Vermutung wurde bestätigt. In manchen Regionen ließ der Milzbrand immer wieder die Hälfte der Schafherden sterben. Pasteur fand heraus, dass diese bösartige Seuche von Bakterien im Blut verursacht wurde, die mit den verendeten Schafen in den Boden gelangten, aber durch Regenwürmer wieder an die Oberfläche befördert wurden. Beim Weiden wurden die Krankheitserreger so von gesunden Schafen aufgenommen, sodass diese nun ebenfalls erkrankten und starben. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, riet Pasteur, verendete Tiere zu verbrennen. Behandlungsmöglichkeiten für die Schafe gab es hingegen nicht.
Ein echter medizinischer Durchbruch gelang Pasteur bei der Bekämpfung der Geflügelcholera. Er legte Kulturen der krankheitsauslösenden Bakterien an, um festzustellen, ob sie immer tödlich waren. Dabei stellte er fest, dass die Hühner die Injektion älterer Bakterienkulturen überlebten und danach sogar vor der Krankheit geschützt waren. Damit hatte Pasteur die immunisierende Wirkung und den ersten im Labor erzeugten Impfstoff entdeckt. Mit der gleichen Methode gewann er auch ein Serum, mit dem er 1881 in einem Großversuch Schafe gegen den Milzbrand immunisierte. Eine erste Impfung hatte zwar schon Edward Jenner 1796 mit Kuhpockenerregern gegen die menschlichen Pocken vorgenommen. Jedoch war Pasteur der Erste, der es verstand, Impfungen mit abgeschwächten Erregern vorzunehmen.
Die Krönung von Pasteurs Forscherleben stellt der Sieg über die Tollwut dar, die bis dahin eine weit verbreitete Seuche war und immer tödlich endete. Sie wurde durch den Speichel tollwütiger Hunde übertragen, in dem Pasteur aber keine Viren finden konnte. Diese entdeckte er schließlich in der Substanz des zentralen Nervensystems. Der nächste Schritt, durch Altern die Wirkung der Viren abzuschwächen, um einen Impfstoff zu erhalten, funktionierte hier jedoch nicht. Pasteur experimentierte lange und hatte schließlich mit seinem Serum erste Erfolge bei tollwütigen Hunden und Kaninchen. Im Juni 1885 konsultierte eine Frau mit ihrem kleinen Sohn Joseph den Wissenschaftler. Das Kind war von einem tollwütigen Hund gebissen worden. Den sicheren Tod des Jungen vor Augen entschloss sich Pasteur, das Kind genauso zu impfen wie zuvor die Hunde. Der Junge blieb gesund, ob durch die Impfung oder weil er sich trotz des Bisses gar nicht infiziert hatte, lässt sich im Nachhinein allerdings nicht sagen. Erst nach einer Vielzahl weiterer Impfungen konnte die Wirksamkeit von Pasteurs Impfstoff zweifelsfrei erwiesen werden. Pasteur galt aber schon nach der Impfung des kleinen Joseph als Held.
1888 bekam der mit vielen in– und ausländischen Ehrungen bedachte Wissenschaftler optimale Arbeitsbedingungen mit der Übergabe eines nach seinen Wünschen und Bedürfnissen gebauten Forschungsinstituts in Paris. Als der »Retter der Menschheit«, wie man Pasteur schon zu Lebzeiten nannte, am 28. September 1895 starb, wurde er in einer Krypta im Keller seines Instituts beigesetzt. Die nach Pasteur benannte und auf Infektions- und Tropenkrankheiten spezialisierte Einrichtung hat sich seitdem wesentlich vergrößert und zählt 2700 Mitarbeiter, davon 500 fest angestellte und 600 Gastwissenschaftler aus mehr als 60 Ländern. Seit 1907 gingen aus dem Institut elf Nobelpreisträger und Nobelpreisträgerinnen hervor.
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