- Berlin
- Wohnungsbündnis und Mietenpolitik
Neue Paragrafen für alte Probleme
Linke und Grüne arbeiten an einem Wohnungswirtschaftsgesetz
Als noch die Hoffnung bestand, dass der Mietendeckel vor Gericht bestehen könnte, dachten so manche schon über das nach, was dem befristeten Instrument, mit dem die Miethöhe begrenzt wurde, folgen könnte. Ein Wohnraumwirtschaftsgesetz könne er sich vorstellen, sagte der Verwaltungsbeamte, der mit einem Aufsatz in einer juristischen Fachzeitschrift den Grundstein für den Mietendeckel gelegt hatte. Bei Politikern von Linken und Grünen stieß das auf Gegenliebe.
Bekanntlich scheiterte dann 2021 der Mietendeckel an der fehlenden Zuständigkeit des Landes vor dem Bundesverfassungsgericht. Für mutige Gesetzesvorstöße zur Regulierung des Wohnungsmarktes war nun erst einmal die Luft raus. Stattdessen hieß die von der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) für den Wohnungsmarkt ausgegebene Devise »Kooperation statt Konfrontation«. Mit Selbstverpflichtungen im Bündnis mit den privaten Unternehmen sollte auch die Mietentwicklung gedämpft werden.
Das Wohnungsbündnis hatte gleichwohl von vornherein gegenüber einem so weitreichenden Instrument wie dem Mietendeckel viele Nachteile. Ein entscheidender ist, dass anders als beim Mietendeckel die Begrenzung von Mieterhöhung auf drei Prozent in zwei Jahren für die Mieter nicht einklagbar sind. Deshalb müsste eigentlich das Land als Bündnispartner die Einhaltung kontrollieren.
Wie die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Mietenexpertin der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus, Katrin Schmidberger, zuletzt zeigte, hat die das aber gar nicht vor und setzt darauf, dass die Unternehmen selbstverantwortlich einhalten, was sie unterschrieben haben. Zahlen liegen dazu ein halbes Jahr nach Unterzeichnung der Vereinbarung nicht vor.
Dass das Bündnis kein Erfolg werden wird, haben viele von Anfang an prophezeit. Am Ende hilft dann doch nur die Regulierung des Wohnungsmarktes. An solch einem Vorstoß arbeiten derweil Politiker von Linken und Grünen. Denn auch wenn der Mietendeckel vorerst gescheitert ist, lohnt sich das Nachdenken über ein Wohnungswirtschaftsgesetz, das diesem nachfolgen sollte. Mit solch einem Gesetz könnten privaten Vermietern Vorgaben für die Teilnahme am Immobilienmarkt gemacht werden.
Die Linken stellen sich unter anderem vor, dass so auch Belegungsbindungen für nicht geförderte Wohnungen geschaffen, Verpflichtungen zur Instandhaltung ausgesprochen und Abriss unterbunden werden können. Ein »Landesamt für Wohnungswesen« solle eingerichtet werden, das die Einhaltung von wohnungspolitischen Maßnahmen kontrollieren würde. So zumindest lauten die Eckpunkte eines möglichen Gesetzesentwurfs, die die Linken bereits im November bekannt gaben und auf deren Grundlage sie mit Verbänden, Initiativen und Juristen in den nächsten Monaten einen Entwurf für solch ein Gesetz diskutieren wollen.
Die Grünen haben sich in einen ähnlichen Arbeitsprozess begeben, ihre Vorschläge gleichen denen der Linken. Grünen-Politikerin Schmidberger spricht von einem »Vermieterführerschein«, mit dem Wohnungsunternehmen ab einer bestimmten Größe für ihren Betrieb eine Erlaubnis einholen müssten. »Private Unternehmen müssen stärker in die Pflicht genommen werden, zu bewirtschaften«, sagt sie.
Wäre das überhaupt möglich? Ja, meint zumindest der Wirtschaftsrechtsprofessor Stefan Klinski. In einem im Sommer veröffentlichten Gutachten hält er das Land Berlin für solche Marktzugangsbeschränkung zuständig. Auch weil mit der Bund-Länder-Reform 2006 die Kompetenz für das Wohnungswesen an die Länder übertragen wurde. Marktzugangsbeschränkungen sind dabei nichts Unübliches. Unter anderem bei der Energieversorgung und anderen Gütern der öffentlichen Daseinsvorsorge gibt es diese. Klinski schlägt in seinem Gutachten vor, Finanzmarktakteure vom Wohnungsmarkt auszuschließen sowie solche, die ihre Eigentumsverhältnisse nicht transparent machen.
Auch in der SPD wurde der Vorschlag von Klinski diskutiert, sagt Sevim Aydin, mietenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. »Die Idee eines Vermieterführerscheins, also einer stärkeren behördlichen Kontrolle von Vermieter*innen, ist aus meiner Sicht keine schlechte Idee«, so Aydin. Wenn Grüne und Linke ihre Vorschläge vorgelegt haben, werde man sich das auch anschauen. Sie betont aber, dass das Vertrauen der Menschen in die Politik nicht noch einmal enttäuscht werden dürfe, wie es nach dem Urteil zum Mietendeckel der Fall war. »Daran müssen wir bei neuen ambitionierten Gesetzesvorhaben denken«, so Aydin.
Dass der Mietendeckel aufgrund der fehlenden Landeszuständigkeit vor Gericht gescheitert ist, bedeute aber nicht, dass man ihn als Idee, um den Wohnungsmarkt zu regulieren, beerdigen müsse. »Ich bin vom Mietendeckel als Instrument überzeugt. Dafür brauchen wir aber den Bund als Gesetzgeber«, sagt Aydin. Neubau sei wichtig, er werde die Probleme auf dem Wohnungsmarkt aber nicht allein lösen, so die SPD-Politikerin.
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