Ein Einsatz mit Risiken

Ab Mittwoch ist mit der Räumung Lützeraths zu rechnen

Einsätze in der Höhe stehen der Polizei in Lützerath bevor.
Einsätze in der Höhe stehen der Polizei in Lützerath bevor.

Am frühen Sonntagabend gab es im Anschluss an den großen Dorfspaziergang und das Konzert in Lützerath Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Aktivist*innen. Für die Polizei ist die Lage eindeutig. Ohne »erkennbaren Grund« sei die friedliche Stimmung »in eine feindselige Atmosphäre« umgeschlagen. Kommunikationsteams der Polizei seien bei Vermittlungsversuchen angegriffen worden. Es habe Steinwürfe gegeben, Fahrzeuge seien beschädigt worden.

Aktivist*innen widersprechen dieser Darstellung. Die Polizei habe nach dem Konzert versucht, eine friedliche Menschenkette zu durchbrechen und »die Situation unnötig eskaliert«. Auch habe man mitbekommen, wie sich Polizist*innen darüber gestritten hätten, ob den Aktivist*innen an dem Tag zu viel Raum gegeben worden sei. Polizei, die sich im Tagebauvorfeld zurückzieht, das sei ein Bild, mit dem man sich »lächerlich« mache. Die Auseinandersetzung inklusive des Einsatzes von Schlagstöcken und Pfefferspray können so als Versuch bewertet werden, vermeintlich verlorenen Respekt zurückzugewinnen.

Fest steht: Obwohl viele Medienschaffende in Lützerath waren, gibt es keine Bilder von Steinwürfen auf Polizist*innen. Was es gibt, ist ein Bild, auf dem eine vermummte Person ein Zivilfahrzeug mit Blaulicht mit einer Sprühdose beschmiert hat. Auf dem Auto liegen außerdem Erdbrocken. Andere Bilder von Attacken durch Aktivist*innen gibt es nicht. Bilder und Videos von Festnahmen und vom Einsatz von Pfefferspray hingegen schon.

Diese Ereignisse vom Sonntag und ihre breiten Interpretationsmöglichkeiten werfen ein Schlaglicht darauf, was in den kommenden Tagen und Wochen in Lützerath zu erwarten ist. Denn es ist klar, dass die Räumung näherrückt. Eine Bürgerinformationsveranstaltung am Dienstagabend will die Polizei noch abwarten. Danach soll es losgehen. Welche Herausforderungen der Einsatz birgt, hat die Polizei Aachen am Montag vorgestellt.

Einsatzleiter Willi Sauer erklärte, dass man es grundsätzlich mit drei Protestspektren zu tun habe. Da seien erstens die friedlichen Demonstrant*innen, die man bei der Polizei unterstützen wolle, ihr Recht wahrzunehmen. Eine zweite Gruppe sei friedlich, führe aber strafbare Aktionen durch, etwa wenn sie sich auf Hindernisse wie Tripods begebe oder sich in Lock-ons (Vorrichtungen, in denen sich Aktivist*innen fixieren) festkette. Auch mit dieser Gruppe könne die Polizei gut arbeiten, das sei in erster Linie eine »technische Herausforderung«. Um die dritte Gruppe macht man sich allerdings Sorgen, sie plane »gewaltvolle Proteste«. Wer mit Zwillen auf Polizist*innen schieße oder Steine werfe, führe Aktionen durch, die »Leben gefährden« könnten. Sauer bekräftigte, er werde nicht zulassen, dass seine Beamten »zu Zielscheiben« werden. Auch die Räumung der besetzten Häuser in Lützerath sei eine »besondere Herausforderung«, weil man mit Fallen und Lock-ons rechne. Der Einsatzleiter befürchtet, dass »autonome Gruppen« den Protest ausnutzen würden, um Bilder von Polizeiübergriffen zu produzieren. Dafür agierten die Linksradikalen aus der zweiten oder dritten Reihe und versteckten sich hinter den friedlichen Demonstrant*innen.

Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach appellierte an die friedlichen Demonstrant*innen, sich bewusst zu machen, was sie tun. Am Sonntag hätten viele Menschen sich am Anlegen von Steindepots beteiligt oder Dachziegel zu Wurfmaterial zerschlagen. Weinspach glaubt, vielen sei nicht klar, dass sie damit möglicherweise an der Vorbereitung von Straftaten beteiligt sind. Überwiegend erlebe man aber ein friedliches Protestspektrum, so der Polizeipräsident.

Für den Räumungseinsatz in Lützerath plant die Polizei grob mit etwa vier Wochen. Nach Informationen des »Spiegel« sollen Polizeieinheiten aus allen Bundesländern außer Hessen (dort wird die Besetzung des Fechenheimer Waldes geräumt) zur Unterstützung für den Einsatz nach Lützerath kommen. Alleine Berlin und Hamburg sollen jeweils drei Hundertschaften ins Rheinland schicken. Andere Bundesländer entsenden etwa Höheninterventionsteams, die zur Räumung der Baumhäuser gebraucht werden. Mit Beginn der Räumung soll Lützerath weitgehend abgeriegelt werden. Auch Journalist*innen sollen dann nur noch in von der Polizei definierten Bereichen arbeiten können.

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