Zeitenwende hoch zwei

Wolfgang Hübner über die Debatte um das Verteidigungsministerium

Dass Christine Lambrecht die längste Zeit Verteidigungsministerin war, ist seit Montag Tatsache. Tatsache ist ebenso, dass wir nicht nur eine Neubesetzung erleben, sondern eine Verschärfung der Aufrüstungsdebatte und der Militärpolitik. Lambrecht, die vielleicht wirklich nicht geeignet war für ihr Amt, die aber auch Ziel einer massiven Kampagne aus den Unionsparteien wurde, gibt mit ihrem Rücktritt nicht nur das Ministeramt frei.

Was sich nun abspielt, ist weit mehr als eine Personaldebatte. Der Bundeskanzler erklärte ausgerechnet beim Besuch eines Rüstungskonzerns, er habe klare Vorstellungen über die Nachfolge Lambrechts. Dass deren Rückzugsabsicht seit Tagen bekannt ist und bis Montagabend kein neuer Minister benannt war, deutet auf Auseinandersetzungen in der Ampel hin. Nicht zufällig mokierte sich der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki über mehrere von der SPD angeblich schlecht geführte Ressorts. Will die FDP eine größere Kabinettsumbesetzung, um Marie-Agnes Strack-Zimmermann ins Verteidigungsministerium zu hieven, eine rabiate Befürworterin von mehr Waffenlieferungen an die Ukraine?

Aber der Druck kommt auch aus der Kanzlerpartei. Die Bundestags-Wehrbeauftragte Eva Högl, die sich mancher als Ministerin vorstellen kann, will das ohnehin irrsinnige Bundeswehr-Sondervermögen von 100 Milliarden Euro verdreifachen. Man darf das als Högls Ministerbewerbung betrachten. Und SPD-Chefin Saskia Esken setzt neuerdings voll auf einen ukrainischen Sieg. Deeskalation? Das war vorgestern.

Wir erleben eine Zeitenwende hoch zwei. Die Linke-Abgeordnete Gesine Lötzsch hat vorgeschlagen, das Verteidigungs- in Rüstungsministerium umzubenennen. Das wäre in der Tat passend.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.