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Kurs auf biologische Lösung?

Der Härtefallfonds für Ostrentnerinnen und -rentner wird nach aktuellem Stand nur wenigen helfen

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 4 Min.
Früher selbstbestimmt im Beruf, heute wohl mit Armutsrente: Taxifahrerin in der DDR
Früher selbstbestimmt im Beruf, heute wohl mit Armutsrente: Taxifahrerin in der DDR

»Dass der Bund jetzt nur mickrige 500 Millionen Euro für drei große Gruppen zur Verfügung stellt, ist ein Armutszeugnis«, kommentierte am Mittwoch der Linke-Ostbeauftragte Sören Pellmann den nun beschlossenen Härtefallfonds für Bedürftige mit offenen DDR-Rentenansprüchen. Die beiden anderen großen Gruppen, die gleich mit in den Härtefalltopf geworfen werden, sind bedürftige Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge. Hoffnung auf eine Einmalzahlung von mindestens 2500 Euro aus dem Fonds können sich aber nur Menschen machen, die an der hierzulande gängigen Armutsgrenze leben. Die Bundesregierung erwartet 180 000 bis 190 000 Menschen mit berechtigten Ansprüchen, darunter 50 000 bis 70 000 ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner.

»Damit würden rund 90 Prozent der Betroffenen, die seit über 30 Jahren für die Anerkennung ihrer Rentenansprüche kämpfen, leer ausgehen«, kritisiert die Linksfraktion in einem Antrag an den Bundestag für eine umfassendere Lösung. Unter dem Schlagwort »Gerechtigkeitsfonds statt Härtefallfonds – Eine Lösung für alle statt Almosen für wenige« fordert sie mehr Geld und einen größeren Empfängerkreis. »32 Jahre nach der Einheit herrscht keine Rentengerechtigkeit in Deutschland. Der geplante Fonds zur Abmilderung von Härtefällen aus der Ost-West-Rentenüberleitung für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler reicht nicht aus, um die Lebensleistung von rund 500 000 ostdeutschen Rentnerinnen und Rentnern anzuerkennen«, heißt es in dem Papier der Linken. 

Der Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, erklärte: »Die Ausgestaltung des Fonds wurde seitens der aktuellen Bundesregierung ohne weitere Beteiligung der jüdischen Spitzenverbände vorgenommen und bleibt weit hinter den Erwartungen der Betroffenen zurück.« Eine Fondslösung mit einer Einmalzahlung wäre laut Lehrer eine akzeptable Variante gewesen, wenn es die Höhe die Lebensleistung der Zugewanderten und ihr Beitrag zum stets gern betonten »Geschenk des wiedererstandenen jüdischen Lebens in Deutschland« würdigen würde. Die Höhe der nun angedachten Zuwendung sei jedoch weder wertschätzend noch geeignet, die Renten- und Armutsdebatte der Zuwanderergeneration dauerhaft zu lösen. »Bund und Länder sind in dieser Frage gefordert, umgehend eine Nachbesserung der veröffentlichten Konditionen vorzunehmen«, so Lehrer.

Laut Bundessozialministerium soll es die entsprechenden Bescheide erst nach dem 31. März geben. Es geht dabei um bestimmte Rentenansprüche, die zu DDR-Zeiten erworben und 1991 nicht ins bundesdeutsche System übernommen wurden. Nach Darstellung der Linken betrifft das bis zu 500 000 Ostdeutsche aus 17 verschiedenen Berufsgruppen, dazu zählen beispielsweise Beschäftigte bei der Reichsbahn oder der Post. »Der Begriff Härtefall ist eine Abqualifizierung für diese Menschen«, schreiben die Linke-Abgeordneten in ihrem Antrag. Konkret fordern sie eine Entschädigung für alle Betroffenen als Einmalzahlung in fünfstelliger Höhe.

Nach Berechnungen des »Runden Tisches Rentengerechtigkeit«, der seit 2017 die Ansprüche der betroffenen Berufs- und Personengruppen einfordert, wurden ostdeutschen Rentnerinnen und Rentnern seit 1991 Rentenansprüche in Höhe von 40 Milliarden Euro vorenthalten. Die Linke kritisiert: »Für den Härtefallfonds stehen seitens des Bundes lediglich 500 Millionen Euro für drei Gruppen zur Verfügung. Für die sogenannte Aktienrente ist das Zwanzigfache an Bundesmitteln – 10 Milliarden Euro – im Bundeshaushalt 2023 eingeplant.« 

Nach den jetzigen Plänen der Bundesregierung soll der Härtefallfonds von einer Stiftung betreut werden. Sämtliche Bundesländer hätten zudem die Möglichkeit, sich bis 31. März finanziell zu beteiligen. Der »Runde Tisch Rentengerechtigkeit« hatte vorab bereits die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der ostdeutschen Bundesländer aufgefordert, sich für die Abschaffung der Ausschlusskriterien für den Härtefallfonds einzusetzen. Zudem sollten sie sich dafür stark machen, dass mindestens eine Milliarde Euro für den Fonds bereitgestellt werde. »Mit dem jetzigen Fonds wird der Bund lediglich wieder neues gravierendes Unrecht schaffen und in keiner Weise zur sozialen Befriedung der Situation beitragen«, heißt es in einer Pressemitteilung des »Runden Tisches«. Die Umwandlung des Härtefallfonds in einen echten Gerechtigkeitsfonds sei die letzte Chance, einen Beitrag zur »sozialen Einheit« zu leisten und die endgültige biologische Lösung zu verhindern.

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