Zwei Jahre und acht Monate Haft für Neuköllner Nazi

Maurice P. muss unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung ins Gefängnis. Die Aufklärung des Neukölln-Komplexes steht weiterhin aus.

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Neuköllner Nazi Maurice P. ist am Mittwoch zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden. Das Amtsgericht Tiergarten hat den 29-Jährigen unter anderem der zweifachen gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen. Damit landet eine Person, die in Verbindung mit dem Neukölln-Komplex gebracht wird, für rechtsextreme Taten im Gefängnis.

Eine der Taten ereignete sich am Morgen des 4. Juli 2021: P. griff den Jamaikaner Steve W. mit einem Cuttermesser an. Zuvor war es zu einer Auseinandersetzung gekommen. Der Betroffene W. berichtete im Verlauf des Prozesses bei einer Anhörung, dass sich P. ihm gegenüber klar rechtsextrem positioniert habe. Er habe sich die rechtsextremen und rassistischen Äußerungen des Nazis zwar ruhig angehört, aber widersprochen. Daraufhin sei P. unvermittelt auf ihn losgegangen, habe zuerst eine Bierflasche geworfen und ihn im Zuge der körperlichen Auseinandersetzung mit dem Messer attackiert. Dabei verfehlte der Schnitt die Halsschlagader nur knapp.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik - aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin - ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Das Gericht hält P. in diesem Fall für schuldig. Allerdings erkenne es keine rassistische Motivation, bestätigte die Pressesprecherin der Berliner Strafgerichte, sondern lediglich »unterschiedliche politische Meinungen«. Verurteilt wird P. zudem wegen eines Angriffes auf linke Besucher*innen der Szenekneipe »Syndikat« im September 2018 in Neukölln. Mehrere Attackierte wurden durch Schläge und Tritte verletzt, Zeug*innen identifizierten im Prozess P. als Angreifer. Das Gericht bestätigt nun: P. nutzte einen Stuhl als Waffe gegen seine politischen Feind*innen.

Zu den Körperverletzungen kommt eine Verurteilung in zwei Fällen, in denen P. Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zeigte. Das betrifft einmal das Tragen eines T-Shirts mit der Aufschrift »Combat 18«, dem Namen einer internationalen neonazistischen Organisation. Außerdem wird P. für schuldig erklärt, vor dem Denkmal der ermordeten Sinti*zze und Rom*nja im Tiergarten mit einem Hitlergruß posiert zu haben.

Ferat Koçak, Linke-Abgeordneter im Abgeordnetenhaus und selbst Betroffener eines mutmaßlich rechtsextremen Anschlags, freut sich zwar über das Urteil. »Aber es bleibt immer noch die Frage offen, welche Rolle er im Neukölln-Komplex gespielt hat«, sagt er »nd«.

Klar ist, dass Maurice P. andere Neuköllner Nazis wie Thilo P. und Sebastian T. kennt, die wiederum als Tatverdächtige einer rechtsextremen Brandserie vor Gericht standen beziehungsweise noch stehen. Thilo P. soll sich Maurice P. während der gemeinsamen Untersuchungshaft 2021 anvertraut haben. So sickerte die Information durch, dass Thilo P. angeblich »nur Schmiere« gestanden habe, womit er möglicherweise die Brandstiftungen meinte. »Das ist eine Nazistruktur, die man als Ganzes betrachten muss«, fordert Koçak.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -