• Politik
  • Meldestelle Antifeminismus

Hass auf Frauen und queere Menschen erfassen

Bundesweit erste Meldestelle zu antifeminstischen Vorfällen nimmt ihre Arbeit auf

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sind alarmierende Zahlen, die aus der aktuellsten Leipziger Autoritarismusstudie vergangenes Jahr hervorgingen. Demnach teilen ein Drittel aller Männer und fast jede fünfte Frau in Deutschland ein geschlossenes antifeministisches Weltbild, stimmen also Aussagen wie »Frauen machen sich in der Politik häufig lächerlich« und »Durch den Feminismus werden die gesellschaftliche Harmonie und Ordnung gestört« zu. Solche Überzeugungen führen am Ende auch immer wieder zu konkreten Taten. Doch weil diese von Behörden nicht immer als antifeministisch erkannt werden oder noch keine Strafbarkeit vorliegt, gibt es bisher keine systematische Erfassung solcher Vorfälle. Die erste bundesweite Meldestelle zu Antifeminismus, die am Mittwoch offiziell ihre Arbeit aufnimmt, will dies ändern.

»Antifeminismus zeigt sich in verschiedenen Formen und ist gezielte Strategie«, sagt Judith Rahner, Leiterin der Fachstelle Gender, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus bei der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS). Vor allem Frauen und queere Menschen in Politik und Zivilgesellschaft würden bedroht und angegriffen. »Sie sollen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden. Ihr Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung wird behindert und zurückgedrängt. Das ist zutiefst demokratiegefährdend«, warnt Rahner. Dabei dient Antifeminismus auch dazu, weiteres reaktionäres Gedankengut in der Gesellschaft salonfähig zu machen.

Wie unterschiedlich sich Antifeminismus äußern kann, zeigen beispielhafte Fälle, die die Meldestelle zusammengetragen hat. Berichtet wird etwa von einem stadtbekannten Rechtsextremen in Brandenburg, der Zutritt zur Veranstaltung einer örtlichen Fraueninitiative verlangt habe. Da ihm dieser verwehrt worden sei, habe er mit Drohungen und Beleidigungen gegen den Verein und die Kommune reagiert. In Dortmund wiederum sei es zu massiven Drohungen gegen eine neu eröffnete Tagesklinik gekommen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehme. Auf verteilten Flyern sei nicht nur eine Ärztin namentlich genannt worden, die Zettel hätten auch direkten Bezug zu Brandanschlägen auf Abtreibungskliniken in den USA genommen. Aus einer westdeutschen Kleinstadt berichtet die Meldestelle von einer Stadtratssitzung, an deren Ende die Gleichstellungsbeauftragte von mehreren Personen bedroht und eingeschüchtert worden sei. In der Sitzung sei es zuvor darum gegangen, die Position der Gleichstellungsbeauftragten abzuschaffen.

Die neue Meldestelle Antifeminismus funktioniert über eine Website. Über ein Formular können Betroffene, aber auch Personen, die einen Vorfall beobachtet haben, diesen dem Projekt mitteilen. Die AAS hat dazu einen Leitfaden veröffentlicht, welche konkreten Angaben zu einem Ereignis gebraucht werden, um es nach einer Prüfung in eine Chronik antifemistischer Vorfälle aufzunehmen. Jährlich soll zudem ein Lagebericht erscheinen. Zur Sicherheit werden aufgenommene Fälle anonymisiert, damit keine Rückschlüsse auf die Opfer möglich sind. Ebenso will das Projekt Betroffenen Hilfestellung dabei geben, eine passende Beratungsstelle zu finden. Die Meldestelle arbeitet dabei mit Expert*innen und Unterstützungsstrukturen für Betroffene von rechter, rassistischer, antisemitischer und queerfeindlicher Gewalt zusammen.

Die Meldestelle ist ein Gemeinschaftsprojekt der AAS, des Gunda-Werner-Instituts und des Berliner Bildungs- und Forschungsinstituts Dissens. Finanziert wird das Projekt über das Bundesprogramm »Demokratie leben!« des Bundesfamilienministeriums.

www.antifeminismus-melden.de

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