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Granaten garantieren Gewinn
Rheinmetall macht Rekordumsätze, doch dem Konzern geht das Pulver aus
Armin Papperger, Vorstandschef von Rheinmetall, ist im Stress. Immer wieder muss er Interviews geben, in denen er die Erfolgszahlen des Rüstungskonzerns nach oben korrigiert. Die Superzahlen des dritten Quartals würden von denen der letzten drei Monate mit Sicherheit noch übertroffen, heißt es.
»Wir hatten 2022 ein sehr gutes Jahr, ein Rekordjahr«, bestätigte der Manager jüngst in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters und betonte, dass sein Unternehmen auf einen Auftragsbestand von 30 Milliarden Euro zusteuere. Für das nächste Jahr erwartet Papperger 40 Milliarden Euro. Er geht davon aus, dass die Verteidigungssparte seiner Firma in den kommenden Jahren um mindestens 15 bis 20 Prozent wachsen werde, während das zivile Geschäft im Jahr 2025 wahrscheinlich nur noch 20 Prozent des Umsatzes ausmacht.
Rheinmetall verbindet man gemeinhin mit dem Kampfpanzer »Leopard 2«. Das ist nicht ganz richtig, denn gefertigt wurde der bei Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Das Unternehmen, das mit rund 4000 Mitarbeitern an zahlreichen Standorten in Deutschland, Brasilien, Griechenland, Großbritannien, Singapur, Ungarn und den USA präsent ist und weitere Kriegstechnik auch für die Ukraine herstellt, setzte bei der »Leopard 2«-Produktion von Anfang an auf die bei Rheinmetall produzierte 120-mm-Glattrohrkanone. Die wird auch im US-Standard-Panzer »Abrams« verwendet und setzt – zusammen mit der passenden Aufklärungs- und Zieltechnik – seit Jahren die Norm beim Panzerbau.
Nach dem Einknicken der deutschen Regierung rechnet die Ukraine damit, in Kürze aus verschiedenen europäischen Staaten rund 100 »Leopard 2« zu erhalten. Die USA wollen 31 »Abrams« liefern. Der hat seine Überlegenheit bereits in den Irak-Kriegen gezeigt. Auch wenn das bislang noch nicht bewiesen ist, behaupten westliche Militärs ebenso, dass ein deutscher »Leo 2A6« den Kampfwert von vier russischen T-72 aufwiege.
Die fahrenden Festungen funktionieren jedoch nur dann gut, wenn auch die Lieferung von Ersatzteilen und Betriebsstoffen gesichert ist. Nicht minder wichtig ist, dass ausreichend Munition nachgeführt wird. Der Kampfsatz eines »Leoparden« beträgt 42 Granaten; der »Abrams« führt 40 Geschosse mit – wobei zumindest bei dem US-Panzer die Gefahr besteht, dass er Wuchtmunition verschießt, deren Kern aus abgereichertem Uran besteht. Diese sogenannte DU-Munition ist seit den Irak-Kriegen wegen möglicher unkontrollierbarer und schwerer Langzeitfolgen für Mensch und Umwelt in der Kritik.
Militärs rechnen nüchtern und Industrielle planen daraus ihren Gewinn. Grundausstattung pro »Leo 2« sind mindestens drei Kampfsätze, also gut 120 Granaten. Eine kostet die Bundeswehr um die 9000 Euro. Da es neben den direkten Kriegslieferungen auch darum geht, die Arsenale der Nato-Staaten aufzufüllen, sind Bedarf wie Gewinn riesig. Auf Dauer. Bis zum Erreichen einer 100-Prozent-Versorgung setzt die Allianz einen Zeitrahmen von zehn Jahren an.
Die derzeitigen Produktionskapazitäten bei Munition liegen weit unter dem Bedarf. Die USA »plündern« bereits die Depots in Asien und Südamerika, die diversen Töchter von Rheinmetall und andere deutsche Munitionshersteller arbeiten am Anschlag. Eine zusätzliche Rheinmetall-Produktionslinie für Mittelkalibermunition entstand in Niedersachsen.
Anfang Januar kam heraus, dass ein neues Werk in Ungarn entsteht, an dem der Düsseldorfer Konzern beteiligt ist. Zuvor schluckte man einen spanischen Munitionshersteller. Doch das allein bringt noch nicht den erhofften Zuwachs, denn, so betonte der Konzern bereits vor zwei Monaten: »Von strategischer Bedeutung ist dabei auch der für Rheinmetall entstehende Zugriff auf Produktionskapazitäten von Munitionspulver, bei dem in Europa mittlerweile Engpässe entstanden sind.«
Viele Grundprodukte kamen bislang aus Asien. China war gut im Geschäft. Doch zu viele Kriegsgewinnler buhlen nun plötzlich um Lieferungen. Daher erwägt der Konzern, ein weiteres Pulverwerk – vermutlich in Sachsen – aufzubauen. Wo genau das entstehen soll, sagt Papperger nicht. Unter der Hand ist die Rede von einer Gewerbefläche zwischen Leipzig und Bitterfeld, nahe der A9. Allerdings könne man die Investitionen nicht selber tragen, so der Konzernchef. Er fordert ungeniert Geld vom Staat.
Rheinmetall, so könnte man meinen, ist geschäftlich gesehen in sicherem Fahrwasser. Schließlich erwartet der Konzern für 2025 einen Umsatzanstieg auf 11 bis 12 Milliarden Euro. Damit gilt das Unternehmen als aussichtsreicher Kandidat für den Aufstieg in den deutschen Leitindex Dax.
Doch man will mehr. Rheinmetall-Chef Papperger fordert vom neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eine Aufstockung des Wehretats – unabhängig von dem 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds für die Bundeswehr, den der Bundestag im vergangenen Jahr beschlossen hat. Der bislang bestätigte Militäretat von rund 51 Milliarden Euro werde »nicht reichen, um alles beschaffen zu können«, sagte Papperger. Und die 100 Milliarden seien bereits verplant und teils schon durch die Inflation aufgezehrt.
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