Mit eigener Praxis gegen medizinische Unterversorgung

Kassenärztliche Vereinigung eröffnet Eigeneinrichtung in Lichtenbergs Süden

Der Bedarf an Ärzt*innen im Süden Lichtenbergs ist groß, und so ist die Terminsprechstunde der neuen Praxis schon zur Eröffnung an diesem Mittwoch voll ausgebucht. »Es gab bereits eine große Nachfrage nach Online-Terminen. Und es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Terminen sehr hoch bleibt«, so Laura Vele von der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin zu »nd«. Die Praxis im Stadtteil Karlshorst ist berlinweit die zweite ihrer Art; sie wird von dem jungen Unternehmen KV Praxis betrieben und ist somit eine Eigeneinrichtung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Diese will so der medizinischen Unterversorgung im Bezirk entgegenwirken.

»Jahrelang hatten KV, Kassen und Land versucht, Ärzt*innen in die weniger gut versorgten Stadtteile zu bringen«, sagt Vele. Lichtenberg gehört zusammen mit Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf zu den am schlechtesten versorgten Bezirken Berlins, derzeit sind hier laut KV 135 Hausarztsitze offen. Bereits im vergangenen Jahr öffnete die erste KV-Praxis in Lichtenberg im Ortsteil Hohenschönhausen, nun folgt die zweite in Karlshorst. Eine dritte Praxis werde planmäßig noch dieses Jahr in Marzahn-Hellersdorf an den Start gehen, so Vele. Die Eigeneinrichtungen seien Teil eines 2021 aufgelegten Förderprogramms, um die allgemeinmedizinische Versorgung dort zu ergänzen, »wo sich erkennbar keine niederlassungswilligen Hausärzt*innen finden«, sagt sie.

Die Gründe dieses Unwillens seien vielfältig. Das Interesse, sich niederzulassen, gehe in ganz Berlin zurück, weil sich Ärzt*innen stattdessen eher für Anstellungen entscheiden würden, sagt Vele. Bei der Gründung der KV-eigenen Praxen habe sich außerdem gezeigt, dass eine besondere Schwierigkeit darin bestehe, geeignete Räumlichkeiten und medizinisches Fachpersonal zu finden, so Vele. Ähnliches benennt auch das Bezirksamt Lichtenberg als Ursachen für die Unterversorgung. Unter anderem würden Arztpraxen bei Neubauprojekten im Bezirk erst seit einem Jahr angemessen berücksichtigt, teilt Pressesprecherin Antje Kind auf nd-Anfrage mit.

Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) verweist außerdem darauf, dass gestiegene Nebenkosten sowie Fachkräftemangel die Lage verschärfen. »Der grundlegenden medizinischen Versorgung sehe ich mit Sorge entgegen«, so Grunst zu »nd«. Der Bezirk tue zwar viel, um den Ärzt*innen die Ansiedlung in Lichtenberg zu erleichtern, aber es brauche eine »stärkere gesetzliche Steuerung, um dem Ärzt*innenmangel in unterversorgten Regionen zu begegnen«, so Grunst.

»Ich freue mich, dass wir einen weiteren Schritt zur angemessenen Versorgung erreichen konnten, mit der Eröffnung der zweiten KV-Praxis in Lichtenberg. Trotzdem ist es erst ein Anfang«, sagt auch Gesundheitsstadträtin Camilla Schuler (Linke) zu »nd«. Die neue Praxis befindet sich in der Rheinpfalzallee 66 und ist laut KV Berlin unter der Telefonnummer 030/22 002 125 erreichbar.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.