Spionage über den Wolken

Antony Blinkens hat seinen geplanten Besuch in China abgesagt

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer Bekannte bei sich zuhause einlädt, denen man misstraut, holt gerne weitere Informationen über sie ein. Schließlich will man wissen, was einen erwartet. Vielleicht hat sich die chinesische Regierung genau diese Gedanken gemacht. Am Sonntag hatte sie US-Außenminister Antony Blinken in Peking erwartet. Der Haussegen zwischen den beiden Mächten hängt schon seit geraumer Zeit schief. Sie streiten sich um Einfluss im ostasiatischen Raum und den Status von Taiwan. Auch die Handelskonflikte schwelen weiter. Nun ist kurz vor der geplanten Visite von Blinken ein mutmaßlicher Spionageballon über den USA aufgetaucht. In Washington ist man sich sicher, dass nur die Chinesen dahinter stecken können. Die Beschuldigten hatten ihr Bedauern über den Vorfall geäußert. Es handele sich aber nicht um Spionage, sondern um einen Ballon für zivile Zwecke wie meteorologische Forschung.

Die US-Amerikaner meinen bereits zu wissen, welche Objekte ausspioniert werden sollen. Im Norden des Bundesstaates Montana, über dem der Ballon gesichtet wurde, lagern nach Angaben des »Wall Street Journal« 150 mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen vom Typ »Minuteman III«. Die Spionagesysteme des Ballons könnten einen »begrenzten Mehrwert« liefern im Vergleich zu Informationen, die China mit erdnahen Satelliten sammeln könne, so die Tageszeitung. Einfach abschießen kann man den Ballon nicht. Die Trümmer würden Menschen auf der Erde gefährden.

Zwar lässt sich die moderne Technik nicht mit der in früheren Zeiten vergleichen, aber es sei darauf hingewiesen, dass in China einst mit Lampions das Prinzip entwickelt wurde, mit dem auch Heißluftballons betrieben werden. Lampions hatten früher eine große Bedeutung in dem Land. Am Haus dienten sie der Dekoration und der Übermittlung von Nachrichten. Ein weißer Lampion stand für den Tod eines Menschen. Diese Farbe hat auch der Spionageballon. Er symbolisiert damit wohl unfreiwillig, was passieren kann, wenn sich der Konflikt zwischen den USA und China weiter hochschaukelt. Danach sieht es zurzeit aus. Blinken verschiebt wegen des Vorfalls seine Reise. Ob und wann sie stattfinden kann, ist noch unklar.

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