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10 Jahre AfD: Die Zeit der Massenblockaden ist vorbei

Der Protest gegen die AfD wurde erst unterschätzt, dann ritualisiert

Im kleinen Kurort Königstein im Taunus, einige Kilometer nördlich von Frankfurt, findet am Abend eine Geburtstagsfeier der unangenehmeren Art statt. Die AfD möchte hier ihren zehnten Gründungstag feiern. Lieber als das Haus der Begegnung in Königstein wäre der rechten Partei die Stadthalle im benachbarten Oberursel gewesen. Oberursel ist der Gründungsort der AfD. Doch die Stadthalle war belegt, die Partei wich in die Nachbarschaft aus. Zum Geburtstag werden 250 Parteimitglieder erwartet, sie sollen Reden von den Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel lauschen. Auch der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland steht auf der Rednerliste.

»Es gibt keinen Grund zum Feiern«, findet Dietmar Mohr, Kreisvorsitzender des DGB. Die Gewerkschaft hat mit anderen Organisationen wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der Awo, dem Zentralrat der Muslime und der VVN-BdA eine Protestkundgebung organisiert. Im Aufruf heißt es, die AfD sei eine »große Bedrohung für die Demokratie«. Mit ihrem »rechtsextremen Hass« habe sie den Boden bereitet für Morde wie in Hanau und an Walter Lübcke. Dietmar Mohr sieht die Partei als »Nährboden für die Verbreitung von völkischem und nazistischem Denken«, sie habe sich seit ihrer Gründung »zunehmend an den extrem-rechten Rand bewegt«. 

So eindeutig wie die Einschätzung von Mohr war das Bild von der AfD in der Zivilgesellschaft nicht immer. Antifaschist*innen hatten in den frühen Jahren einige Mühe, darauf aufmerksam zu machen, dass die »eurokritische Professorenpartei« gar nicht harmlos ist und führende Vertreter*innen rassistische und sozialchauvinistische Thesen vertreten. Als mehrere Tausend AfD-Mitglieder bei ihrem Parteitag in Essen 2015 Bernd Lucke absägten und mit Frauke Petry offen nach rechts schwenkten, demonstrierten vor der Halle gerade einmal 70 Menschen gegen die Partei.

Die Rolle der AfD als Stichwortgeber und Anheizer im Zuge der Flüchtlingsbewegung nach Deutschland im Herbst 2015 sorgte dann dafür, dass die Partei Ziel von breitem antifaschistischen Protest wurde. Gegen die folgenden Parteitage demonstrierten immer wieder Tausende Menschen, versuchten auch Wege und Zufahrten zu blockieren. Ein Highlight war sicherlich der Kölner Parteitag im Frühjahr 2017, als Zehntausende protestierten. Mit »Aufstehen gegen Rassismus« und »Nationalismus ist keine Alternative« hatten sich außerdem ein zivilgesellschaftliches und ein linksradikales Bündnis gegründet, die sich explizit gegen die AfD stellten.

In den letzten Jahren hat der Protest gegen die AfD allerdings wieder abgenommen. Dafür gibt es viele Gründe. Zum einen war es in der Corona-Pandemie nur schwer verantwortbar, zu massenhaften Protesten aufzurufen. Zum anderen hat auch die AfD ihre Strategie geändert. Statt in westdeutschen Großstädten wie Köln, Hannover und Stuttgart mit Parteitagen zu provozieren, ist man an Orte ausgewichen, in denen man ein freundlicheres Klima erwartet. Der letzte Bundesparteitag fand im sächsischen Riesa statt. Der nächste ist in Magdeburg geplant. Auch fehlte es an antifaschistischen Erfolgen bei den Protesten gegen die Parteitage. Blockadeversuche wurden mit Polizeiknüppeln, Wasserwerfern und massenhaften Ingewahrsamnahmen beantwortet. Keine Aussichten, die Lust auf den nächsten Versuch machen.

Zehn Jahre nach Gründung der AfD ist der Protest gegen die Partei zum Ritual geworden. Wenn die AfD eine größere Öffentlichkeit sucht, dann sprechen sich Vertreter*innen der Zivilgesellschaft dagegen aus. Bei Kundgebungen wird auf die Gefahr, die von der Partei ausgeht, aufmerksam gemacht. Das ist richtig und gut, aber nicht geeignet, die AfD in die Schranken zu weisen. Ja, nicht einmal dazu, Parteimitgliedern einen unangenehmen Tag zu bereiten.

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