- Politik
- Die CDU nach der Berlin-Wahl
Keine Freifahrt für die CDU in Berlin
Die CDU gewinnt in Berlin deutlich, aber sucht Koalitionspartner
Friedrich Merz wirkte am Montag recht zufrieden. »Das war ein guter Tag für Berlin«, sagte der CDU-Vorsitzende auf der Pressekonferenz nach der Abgeordnetenhauswahl in der Bundeshauptstadt. Mit 28,23 Prozent hat die CDU die Wahl klar gewonnen, 10,23 Prozent hat die Partei im Vergleich zu 2021 hinzugewonnen, damit besetzt sie nun 52 Mandate. »Die Wähler in Berlin wollten und wollen einen Wechsel«, ist sich Merz sicher: »Der jetzige Senat mag noch über eine rechnerische Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügen, politisch hat er die Mehrheit gestern verspielt.« CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner habe nun »den klaren Auftrag, eine Regierungsbildung zu versuchen«, die Bundes-CDU werde dabei »keine Ratschläge geben«.
Wenn das nur so einfach wäre. Die CDU kann zwar sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen eine Zweier-Koalition bilden, doch auch die Fortsetzung des rot-rot-grünen Bündnisses ist möglich. Und während SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey lieber selbst weiterregieren würde, was sie nur mit Grünen und Linken könnte, kündigte die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch zwar auch Gespräche mit der CDU an, präferiert jedoch weiterhin die Fortsetzung der bisherigen rot-grün-roten Koalition. Es wird also alles andere als einfach für die CDU, überhaupt Koalitionspartner zu finden – trotz ihres sehr guten Resultats.
Spitzenkandidat Wegner sagte, das Ergebnis mache deutlich, dass die CDU auch in Großstädten Wahlen gewinnen kann. Damit tut sie sich bekanntlich schwerer als auf dem Land. Der 50-Jährige will nun eine Regierung bilden, die »vertrauensvoll auf Augenhöhe zusammenarbeitet, in der man sich auch gegenseitig mal einen Erfolg gönnt«. Das Problem für Kai Wegner: Berlin ist tief gespalten. Vor allem die äußeren Wahlkreise gingen fast ausschließlich an die Christdemokraten, die sich dabei auch etliche Kreise von der SPD geschnappt haben. In den zentralen Wahlkreisen waren aber weiter die Grünen vorn, mit Ausnahme des Wahlkreises Mitte 2, der ebenfalls an die CDU ging, dort gewann Lucas Schaal von der Jungen Union.
Vor allem die Verkehrspolitik trennt die beiden Lager, wie man in der Debatte um den nur 500 Meter langen autofreien Abschnitt der Friedrichstraße beobachten konnte: die Grünen klar dafür, die CDU klar dagegen. Ebenso bei der Debatte um den Weiterbau der A100: die CDU klar dafür, die Grünen klar dagegen. Beide Parteien stehen eindeutig für bestimmte Verkehrskonzepte, für die Wähler*innen beider Parteien war die Verkehrspolitik das zweitwichtigste Thema. Auch SPD und Linke haben in diesem Bereich ganz bestimmte Vorstellungen, jedoch erschienen vor allem CDU und Grüne in der Öffentlichkeit als Gegensatzpaar. Und genau das spiegelte sich nun auch im Wahlergebnis wider.
»Mein Ziel ist, eine erfolgreiche Berlin-Koalition zu bilden, die diese Stadt wieder zusammenführt«, sagte Wegner: »Wir sehen, dass die Stadt gespalten ist: Autofahrer gegen Fahrradfahrer, Mieter gegen Vermieter, Alt gegen Jung.« Eine künftige Koalition müsse alle im Blick haben und eine Politik für ganz Berlin machen. Fraglich ist jedoch, ob CDU und Grüne – gerade, weil beide Parteien programmatisch so weit auseinanderdriften – nun zusammenfinden können.
Nicht zuletzt steht CDU-Chef Merz bei vielen Grünen in der Kritik aufgrund seiner Aussagen zur Migrationspolitik: Nach den Silvester-Krawallen in Berlin hatte er Kinder mit Migrationshintergrund als »kleine Paschas« bezeichnet. Nun entsteht eine verzwickte Situation für die CDU: Einerseits kann sich Merz mit diesem Ergebnis in seinem Kurs sogar bestätigt sehen, andererseits könnte genau diese Rhetorik nun die Führung einer Regierung verhindern, weil die CDU damit Vertrauen bei anderen Parteien verloren hat.
Mit der SPD hätte die CDU auf jeden Fall deutlich größere Schnittmengen, allerdings werden die Sozialdemokraten selbst den Regierungsanspruch erheben – Wahldebakel hin oder her. Als Zweitplatzierte hat Giffey dann auch schon gegenüber Jarasch einen etwaigen Führungsanspruch in einer fortgesetzten rot-grün-roten Koalition für sich reklamiert. Daher muss auch die CDU ergebnisoffen in die Gespräche gehen, entsprechend lud Wegner am Montagmittag sowohl die SPD als auch die Grünen zu Sondierungen ein. Man wolle »schauen, in welcher Konstellation wir eine gute Regierungskoalition hinbekommen«.
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