Am Allerwertesten

Karlen Vesper wundert sich über pauschale Preußenphobie

Juchu, wir bekommen eine neue Erbe-Diskussion! Man fühlt sich in die DDR zurückgebeamt, als Friedrich der Große wieder auf sein Ross gehievt und Unter den Linden in Berlin aufgestellt wurde. Was nicht alle guthießen. Schelte kam auch aus dem Bruderland Polen, weil der Alte Fritz gen Osten reitet, umringt von seinen Generälen. Wissenschaftler und Künstler wie Kant und Lessing sind unter die Allerwertesten von Ross und Reiter verbannt. In den ersten zwei Jahrzehnten war die DDR strikt antipreußisch, konnte sich dabei auf die Alliierten berufen, die den Staat Preußen als »Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland« aufgelöst hatten.

Julius H. Schoeps, Nachfahre des preußischen Aufklärers Moses Mendelssohn, warnt ob avisierter Umbenennung nicht nur des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam vor »Verteufelung Preußens«. Recht hat er. Preußen brachte kluge und rechtschaffene Menschen hervor, manch Potentat tat gar Gutes. Komisch, dass just im Staat, der sich als Rechtsnachfolger des unter Preußens Ägide geeinten Deutschland versteht, Preußenphobie umgeht. Und wie geht das einher mit Preußennostalgie andererseits, wie sie sich etwa im Wiederaufbau des Hohenzoller-Schlosses in Berlin widerspiegelt? Und mit neuem militärischen Gebaren?

Geschichte ist als Ganzes anzunehmen, man kann sich nicht rauspicken, was einem genehm ist und anderes abstreifen, wie einen lästigen verschlissenen Mantel.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -