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Kinderzuschlag: Zwei Drittel der Berechtigten gehen leer aus
1,5 Millionen Kinder bleiben in verdeckter Armut
Berlin. Familien mit wenig Einkommen können zusätzlich zum Kindergeld den Kinderzuschlag bekommen – bis zu 250 Euro pro Kind. Doch die Leistung erreicht nach Schätzungen des Bundesfamilienministeriums nur etwa jedes dritte anspruchsberechtigte Kind. Demnach gehen rechnerisch etwa 1,5 Millionen Kinder leer aus. Die Linksfraktion im Bundestag hatte sich bei der Regierung nach der aktuellen Inanspruchnahme des Kinderzuschlags erkundigt. Er ist für Familien mit kleinen Einkommen gedacht, die aber kein Bürgergeld beziehen. Ab 600 Euro brutto bei Alleinerziehenden und 900 Euro bei Paaren kann die Leistung zusätzlich zum Kindergeld beantragt werden und beträgt monatlich maximal 250 Euro pro Kind – je höher das Einkommen, desto weniger.
In der Antwort des Familienministeriums, die der dpa vorliegt, heißt es, mit dem Kinderzuschlag seien im Dezember knapp 800 000 Kinder erreicht worden. Das Ministerium schätzt, dass das rund 35 Prozent der anspruchsberechtigten Kinder sind. Verlässliche Zahlen liegen den Angaben zufolge nicht vor. »1,5 Millionen Kinder, die einen Anspruch hätten, gehen leer aus und verbleiben in der verdeckten Armut«, kommentierte die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heidi Reichinnek, die Zahlen. In einem reichen Land wie Deutschland sei das ein Skandal.
»Eltern, die sowieso nur knapp über die Runden kommen, entgeht so Geld, auf das sie ein Anrecht hätten«, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Das liege daran, dass Familien in vielen Fällen nicht wüssten, dass es für sie den Kinderzuschlag gebe, sagte Paus. In Deutschland gibt es zudem verschiedene Leistungen für Kinder, für die auch verschiedene Stellen zuständig sind, sodass es nicht einfach ist, den Überblick zu behalten. Mit der geplanten Kindergrundsicherung soll sich das ändern, Paus möchte nach eigener Aussage den Staat zum »Servicepartner der Familien« machen.
Ein Gesetzentwurf dafür ist für Herbst geplant, 2025 könnte die Kindergrundsicherung eingeführt werden. Die bisherigen Pläne des Bundesfamilienministeriums sehen vor, die verschiedenen staatlichen Leistungen für Kinder und steuerliche Kinderfreibeträge zu einer Leistung zusammenzufassen und unbürokratisch auszuzahlen. Über einen »Kindergrundsicherungs-Check« sollen Familien auch aktiv darauf hingewiesen werden, dass sie möglicherweise Ansprüche auf weitere Zahlungen haben.
Das heutige Kindergeld – 250 Euro pro Monat und Kind – soll zu einem »Garantiebetrag« als Teil der Kindergrundsicherung werden. Obendrauf käme gestaffelt, je nach finanzieller Lage der Familie, ein Zusatzbetrag, sodass Kinder in armen Familien am meisten bekommen. Die Höhe des »Garantiebetrags« sollte »perspektivisch« »der maximalen Entlastungswirkung des steuerlichen Kinderfreibetrags« entsprechen. Die liegt momentan laut Ministerium bei 354 Euro im Monat. Damit soll dem Effekt begegnet werden, dass Familien mit hohen Einkommen durch diese steuerlichen Kinderfreibeträge finanziell stärker profitieren als Gering- oder Normalverdiener, die Kindergeld bekommen.
Eine solche Anpassung an die Steuerfreibeträge würde teuer werden. Auch der Plan, durch die Reform mehr Familien mit staatlichen Leistungen zu erreichen, wird Geld kosten. Innerhalb der Ampel-Koalition tritt die FDP hier auf die Ausgabenbremse. Der Staat müsse besser, nicht teurer werden. Es gehe darum, zu entbürokratisieren. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann hielt am Dienstag dagegen: »Eine Kindergrundsicherung ist mehr als eine Verwaltungsreform und Digitalportal. Mit ihr muss echte Armutsprävention gelingen«, sagte sie der dpa. Kinderarmut lasse sich nicht wegverwalten. dpa/nd
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