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Grexit links und rechts

Auch bei der Kritik am Euro gab es keine Einigkeit zwischen Linken und Rechten

Prinzipielle Kritik an der Europäischen Union kam in der alten Bundesrepublik meist von rechts. Denn die EU wie auch der Euro galten stets als internationalistische Projekte, denen national gesinnte Menschen skeptisch gegenübertraten – meist mit dem Vorwurf, Deutschland sei der »Zahlmeister der EU« und würde von »Brüsseler Bürokraten« gegängelt. Insofern war es konsequent, als sich 2013 die rechte AfD gründete als Protest gegen die Hilfskredite für Griechenland. Ihr Motto: »Deutschland braucht den Euro nicht.« Als jedoch im Folgejahr auch innerhalb der Linkspartei der Euro infrage gestellt wurde, erkannte der Politologe Daniel Keil »Momente einer antieuropäischen Querfront«. Die Gemeinsamkeiten dieser Querfront waren aber äußerst schmal.

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In ihrem Programm bezeichnete die AfD den Euro 2013 als »Fehlkonstruktion«. Denn »ein Wirtschaftsgebiet mit derzeit 19 völlig unterschiedlich leistungsfähigen Volkswirtschaften« könne nicht mit einer einheitlichen Währung funktionieren. Die weniger wettbewerbsfähigen Ökonomien gerade in Europas Süden verlören die Möglichkeit, über Abwertung ihrer Währungen ihre Konkurrenzposition im Standortwettbewerb zu verbessern. Die Folge sei »eine dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit im Süden Europas«, so die AfD. Gleichzeitig müssten die starken Länder wie Deutschland immer höhere Summen aufwenden, um den Zusammenbruch der Eurozone zu verhindern. Diese »Rettungspolitik« rette aber nicht die Krisenländer, so die AfD, da das Geld gleich an die Gläubiger weitergereicht werde.

Tatsächlich gab es hier auf den ersten Blick Gemeinsamkeiten zur Position einiger linker Euro-Kritiker. »Es zeigt sich einfach, dass der Euro nicht funktioniert, sondern immer größere wirtschaftliche Ungleichgewichte erzeugt, und am dramatischsten zeigt sich das eben in Griechenland«, sagte Sahra Wagenknecht 2015. Kurz zuvor hatte in Athen die linksgerichtete Partei Syriza die Wahlen gewonnen. In den Vorjahren war die griechische Wirtschaftsleistung durch Krise und von der EU auferlegte Sparpakete um ein Drittel eingebrochen. Syriza forderte ein Ende der Sparauflagen – vergebens. Die EU und insbesondere die deutsche Bundesregierung blieben hart. Mit ihren Rettungspaketen bediene die EU »vor allem die Interessen der großen Unternehmen und Banken«, kritisierte Wagenknecht und klang damit ähnlich wie das AfD-Wahlprogramm: »Banken, Hedgefonds und private Großanleger sind die Nutznießer dieser Rettungspolitik. Sie müssen zuerst dafür geradestehen« und nicht der »Steuerzahler«.

Bei allen Gemeinsamkeiten handelte es sich bei AfD und linken Eurokritikern allerdings um sehr unterschiedliche Positionen. Für die AfD ging es vorrangig darum, Deutschland von den Kosten der Eurorettung zu befreien: »Eine Transferunion lehnen wir entschieden ab«, so das Parteiprogramm. Laut der AfD in Nordrhein-Westfalen müsse sich Deutschland »aus den Fesseln der EU-Schröpfungsmaschine befreien«. Laut AfD Oberhausen »lassen sich gerade einige südliche EU-Mitgliedstaaten ihre kaum vorhandene Haushaltsdisziplin von Steuerzahlern anderer EU-Mitgliedstaaten finanzieren«. Dieser Argumentationsweg war anschlussfähig an die Position des AfD-Politikers Björn Höcke, für den »die soziale Frage der Gegenwart nicht primär die Verteilung des Volksvermögens von oben nach unten« sei, sondern »die Verteilung des Volksvermögens von innen nach außen«. Um Deutschland aus der »Schröpfungsmaschine« zu befreien, müsse die Bundesregierung das Euro-Austrittsrecht Deutschlands erzwingen, indem sie »weitere Hilfskredite mit seinem Veto blockiert«, so die AfD.

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Ganz anders argumentierten die linken Euro-Kritiker: In der Folge der Agenda 2010 habe Deutschland einen Kosten-Unterbietungswettbewerb in Europa entfacht. Die deutschen Lohnsenkungen schwächten die Binnennachfrage und kurbelten den Export an – auf Kosten der Handelspartner gerade in der Eurozone. In diesem Lohnsenkungswettbewerb konnten die schwächeren Euroländer nicht bestehen. Eine Zeit lang hielten sie sich mit Krediten über Wasser. Doch dann kam die Krise. Diese wurde zwar mithilfe von weiteren Krediten aufgefangen. Der Preis dafür waren aber die massiven Sparpakete, die die Krise gleichzeitig vertieften. »Wenn man den Ländern diese Politik aufzwingt und wenn sich in Deutschland nichts verändert, dann zwingt man sie im Grunde aus dem Euro raus«, schloss Wagenknecht.

Die AfD sah also im Euro-Austritt Griechenlands zum einen die gerechte Strafe für geringe Wettbewerbsfähigkeit und zugleich die Lösung des Problems, zumindest für Deutschland. Die linken Eurokritiker dagegen sahen angesichts der deutschen Standortpolitik und der harten Haltung in Sachen Sparpaketen den Euro-Austritt Griechenlands lediglich als den weniger desaströsen Weg. »Seine Attraktivität bezieht der linke Grexit vor allem aus der Alternative zu ihm«, schrieb die stellvertretende Linkspartei-Vorsitzende Janine Wissler im »nd«.

Die AfD forderte Euro-Austritte, um Europas und vor allem Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu retten. Wagenknecht ihrerseits forderte »ein soziales Europa, in dem die Länder sich gemeinsam verpflichten, dass die Löhne mindestens mit der Produktivität steigen«. Andernfalls sei der Euro kaum zu halten, »weil es eben keine Möglichkeit gibt, sich gegen Lohndumping eines anderen Landes zu wehren, außer die Abwertung und das Rausgehen«.

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