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Neumünster: Illegales Rechtsrockkonzert in Gartenkolonie geräumt

Stadt in Schleswig-Holstein ist für ihre aktive Naziszene bekannt

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Zertrümmerte Stühle, umgekippte Tische, zerstörte Fensterscheiben, zu Barrikaden aufgehäuftes Mobiliar: Von Antifaschist*innen in den sozialen Netzwerken veröffentlichte Aufnahmen lassen erahnen, welche Szenen sich in einer Kleingartenkolonie in Neumünster am Wochenende abgespielt haben müssen. Dass die Zerstörung des Vereinsheims der »Gartengemeinschaft Heinrich Förster« nicht das Ergebnis einer aus dem Ruder gelaufenen Verlobungsfeier – mit dieser Lüge war die Anmietung erfolgt – sein konnte, darauf weist ein Banner mit der Aufschrift »Brigade 12 Pommern« deutlich hin. Unangetastet hing es am Samstabend zunächst noch im Veranstaltungssaal, nachdem die Polizei das Vereinsheim geräumt hatte. Bei der »Brigade 12« handelt es sich um eine Untergruppe der »Arischen Bruderschaft«, die eng mit dem Neonazi Thorsten Heise zusammenarbeitet. Damit ist klar, dass die Veranstaltung in Neumünster kein fröhliches Beisammensein werden sollte: Unter dem harmlos wirkenden Titel »Der Norden rockt« war in der Kleinkartenkolonie ein Konzert mit drei einschlägigen Szenebands geplant.

Doch dazu kam es nicht: Noch während des Soundchecks rückte die Polizei an, um die Veranstaltung mit etwa 350 bis 400 Teilnehmer*innen zu untersagen. Zur Begründung führte sie an, dass von »einigen der angereisten Personen eine nicht unerhebliche Gefahr ausging«, was sich im Verlauf der Räumung bestätigte. Knapp die Hälfte der Gäste verbarrikadierte sich im Vereinsheim, viele davon bewarfen die Beamt*innen mit Möbeln und anderen Gegenständen, darunter auch einem Feuerlöscher. Erst nachdem Kräfte der Bundespolizei und weitere Beamt*innen aus Hamburg hinzugekommen waren, konnte die Räumung spät in der Nacht beendet werden. Es gab einige Anzeigen, darunter wegen schweren Landfriedensbruchs. Dass es im Großraum Hamburg am vergangenen Samstag ein Rechtsrock-Konzert geben sollte, war vorher bekannt. Tickets für je 20 Euro gab es über den Onlineshop »Deutsches Warenhaus« zu kaufen, dessen Geschäftsführer der NPD-Bundesvize Heise ist. Wo das Event konkret stattfinden sollte, wurde allerdings erst wenige Stunden vor Beginn an die Gäste kommuniziert. Neumünster, keine Autostunde nördlich der Hansestadt gelegen, ist ein Schwerpunkt der Neonaziszene in Schleswig-Holstein und lag damit als möglicher Veranstaltungsort nahe.

Tatsächlich erinnern die Szenen vom vergangenen Wochenende frappierend an ein ähnliches Ereignis im Jahr 2003. Damals löste die Polizei ein Rechtsrock-Konzert der Gruppe Whitelaw auf, organisiert vom damals landesweit bekannten Neumünsterer Nazizentrum »Club 88«. Wie später bekannt wurde, sollen auch Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe unter den Gästen gewesen sein. Dabei war das NSU-Kerntrio zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren untergetaucht und hatte inzwischen vier Morde verübt. Offensichtlich fühlten sich die drei Rechtsterroristen in Neumünster jedoch sicher genug. Der »Club 88« schloss erst 2014.

Vorbei waren die Aktivitäten der Naziszene in der Stadt danach nicht. Seit Jahrzehnten existiert eine organisierte Szene, Treffpunkte eröffneten und schlossen wieder. Dass die NPD in der Ratsversammlung unter dem Namen »Heimat Neumünster« zwei Mitglieder stellt, spricht für sich, ist die Partei kommunalpolitisch im Rest von Schleswig-Holstein doch praktisch nicht präsent.

»Nach wie vor geht vom Rechtsextremismus die größte Gefahr für die plurale Demokratie aus. Das zeigen auch die Ereignisse am Wochenende in Neumünster, wo hunderte Nazis die Polizei angriffen«, erklärt Luca Grimminger, Co-Vorsitzender der Linkspartei in Schleswig-Holstein gegenüber »nd«. Seiner Einschätzung zufolge existiert im nordwestlichen Bundesland weiterhin eine fest verwurzelte Szene von Rechtsextremen. Grimminger fordert, dass »die unabhängigen Beratungsstellen für Betroffene von rechtsextremen Übergriffen und auch Ausstiegsorganisationen besser finanziert« werden.

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