Thailand startet in den Wahlkampf

Größte Oppositionspartei will ehemalige Putschisten in die Rente schicken

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 4 Min.
Thailands Oppositionspartei Pheu Thai gilt als Favoritin bei der anstehenden Wahl, Spitzenkandidatin Paetongtarn Shinawatra würde dann Ministerpräsidentin.
Thailands Oppositionspartei Pheu Thai gilt als Favoritin bei der anstehenden Wahl, Spitzenkandidatin Paetongtarn Shinawatra würde dann Ministerpräsidentin.

Mit der Information in der »Royal Gazette«, dem königlichen Amtsblatt, ist nun endgültig klar – Thailand wird in Kürze eine neue Volksvertretung wählen. Wenige Tage vor Ende der Legislaturperiode hat Ministerpräsident Prayut Chan-O-Cha wie erwartet das Parlament aufgelöst. Bisher geht alles vom 7. Mai als Wahltermin aus. Gemäß der gesetzlichen Fristen kann die Wahlkommission aber auch jedes andere Datum zwischen 4. und 19. Mai dafür ansetzen. Das genaue Datum soll in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden.

Als klare Favoritin geht die größte Oppositionspartei Pheu Thai (PTP) ins Rennen. An Selbstbewusstsein mangelt es der liberalen Gruppierung nicht. Gerade hat sie noch einmal ihre Wahlziele deutlich angehoben. War bisher lediglich davon die Rede, aus eigener Kraft eine klare Mehrheit zu gewinnen, will man nun sogar mindestens 310 der 500 Sitze im Unterhaus (400 über Direktmandate in den Wahlkreisen, 100 über Parteilisten) erringen. Laut einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage würden sich knapp 50 Prozent der Wahlberechtigten für die PTP entscheiden.

Zwei Militärputsche in acht Jahren

Spitzenkandidatin ist Paetongtarn Shinawatra. Die erst 36-Jährige ist die jüngste Tochter des populistischen früheren Premiers Thaksin Shinawatra, der 2006 ebenso durch einen Militärputsch gestürzt wurde wie acht Jahre später seine Schwester Yingluck.

Beide haben sich vor drohenden Haftstrafen ins Ausland abgesetzt. Im Falle von Paetongtarn, die deutlich jüngste Umfragen anführt (38 Prozent der Thailänder wollen sie als Ministerpräsidentin sehen), zieht bei vielen der prominente Familienname, für andere ist der lange Schatten ihres umstrittenen Vaters jedoch ein Schreckgespenst. Die Konfrontation dieser beiden Lager wird in der heißen Phase des längst begonnenen Wahlkampfes zunehmen.

Neun Jahre ist es mittlerweile her, seit in dem südostasiatischen Königreich ein weiteres Mal das Militär die politische Macht übernahm. Eskalierte Straßenproteste gegen die damalige Regierung von Yingluck Shinawatra dienten General Prayut, seinerzeit Armeechef, und seinen Getreuen als Rechtfertigung für diesen Schritt. Als sich der nunmehrige Premierminister 2019 schließlich seine Herrschaft durch Wahl legitimieren ließ, konnte er nach einem faktischen Patt den Machterhalt nur durch eine Koalition insbesondere mit mehreren Kleinstparteien sichern. Ein Jahr später kam es in Bangkok zu erfolglosen Massenprotesten gegen Prayut, für Neuwahlen und eine Reform der Monarchie.

Ehemalige Putschisten sind jetzt Gegner

Nicht mehr vereint, sondern getrennt an den Spitzen verschiedener Parteien gehen die ehemaligen Putschisten nun diesmal ins Rennen: Vizepremier Prawit Wongsuwon ist Vorsitzender der Palang Pracharat Party (PPRP), bestimmende Kraft in der scheidenden Regierungskoalition. Prayut hingegen, der deutlich an Popularität eingebüßt hat, wirbt als Spitzenkandidat der neuen Partei Union Thai Nation (UTN) um Stimmen.

Als Neuerung zur Eindämmung populistischer Wahlkampfversprechen wurde unlängst eingeführt, dass solche einer Finanzierungserklärung bedürfen. Dennoch mangelt es nicht an Vorstößen, die bisher unschlüssige Wahlberechtigte überzeugen sollen. Die Demokraten als älteste politische Kraft des Landes, traditionell stark im Süden und der Hauptstadt Bangkok, wollen mit gesicherten Landrechtstiteln, freier Milch für Schulkinder, kostenfreier Bildung bis zum College und einem Minimaleinkommen für Bauern punkten.

Soziale Themen im Vordergrund

Die PPRP plant, die mageren staatlichen Renten von derzeit 600 Baht pro Monat (16 Euro) auf 3000 Baht (82 Euro) für die 60- bis 69-Jährigen, für die Älteren sogar auf 4000 beziehungsweise 5000 Baht (109 bis 137 Euro) anzuheben. Auf eine Stärkung des Gesundheitswesens durch bessere Entlohnung der Beschäftigten und weniger Arbeitsbelastung hat sich die oppositionelle Move Forward Party (MFP) verlegt. Auch Pheu Thai hat diesen Sektor im Blick, will die seinerzeit unter ihrer Vorgängerpartei eingeführte Basis-Krankenversicherung deutlich ausweiten, zum Beispiel durch die Inklusion freier Impfungen oder des Zugangs zu Telemedizin. Zudem wird eine Anhebung des Mindestlohns auf 600 Baht versprochen.

Eine gewisse Hürde insbesondere für die PTP ist, dass der Senat als zweite Parlamentskammer über den künftigen Regierungschef mitentscheidet. Seine 250 Mitglieder sind ernannt und größtenteils loyale Gefolgsleute der bisherigen Putschistenriege.

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