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Rechte Ultras wollten spanischen Regierungschef stürzen
Die Partei Vox stellt einen Misstrauensantrag gegen Pedro Sánchez
Der sozialdemokratische spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez musste nicht befürchten, wegen des Misstrauensantrags der rechtsradikalen Partei Vox aus dem Amt zu fliegen. Nicht einmal die postfaschistische Volkspartei (PP) unterstützte diesen. Das Unterhaus des Parlaments in Madrid lehnte den Antrag am Mittwoch mit 201 zu 53 Stimmen bei 91 Enthaltungen ab. PP-Chef Alberto Núñez Feijóo war der Debatte ferngeblieben, sprach von einem »Pseudo-Misstrauensantrag«. PP-Sprecherin Cuca Gamarra begründete die angekündigte Enthaltung: »Wir werden aus Respekt vor den Spaniern nicht für diesen Antrag stimmen und wir werden aus Respekt vor Ihnen, Herr Tamames, nicht dagegen stimmen.«
Die Franco-Anhänger von Vox hatten den 89-jährigen Ramón Tamames als Kandidaten aufgestellt. Der saß als Kommunist während der Diktatur im Knast und trat später den Marsch durch alle Lager nach rechtsaußen an. Bis 1989 war er Parlamentarier für die Vereinte Linke (IU). Er kritisierte vor allem die Linkskoalition »Unidas Podemos«, die in einer Koalition mit den Sozialdemokraten regiert, vor allem aber linke Unterstützer aus Katalonien und dem Baskenland. Tamames sprach von der »Frankenstein-Regierung«.
Fremdenfeindliche Rede
Der ultranationalistische Ex-Kommunist äußerte sich fremdenfeindlich. So fragte er, wieso es in Spanien dreieinhalb Millionen Arbeitslose gebe, »aber alle Lateinamerikaner, die hierherkommen«, am nächsten Tag Arbeit fänden. Das gelte auch für Marokkaner, aber »die Spanier können keine Arbeit finden«. Bisweilen sorgte er auch für Lacher. Er verstieg sich mit Blick auf Basken und Katalanen sogar zur Aussage: »Das Selbstbestimmungsrecht existiert nicht.« Dabei ist es zentraler Bestandteil des Völkerrechts. So beschwor der Ultra Tamames die heilige Einheit Spaniens und die Monarchie. Es war leicht für Sánchez oder die UP-Vertreter, den ranzigen Diskurs zu demontieren. Sie konnten ihm vorwerfen, dass hinter dem Antrag die »Nachfolger« der Putschisten stünden. Sánchez meinte, dass es »keine gute Idee« gewesen sei, sich für diejenigen herzugeben, die nur Hass verbreiteten.
Vox-Chef Santiago Abascal, einst PP-Parlamentarier, hat seine Ziele erreicht. Er konnte sich lang und breit im Parlament erklären. Seine Partei, drittstärkste Kraft, bekommt seit Wochen enorme Aufmerksamkeit vor den Regional- und Kommunalwahlen im Mai und den Parlamentswahlen im Herbst. Um Abstand zum Wahlkampf zu bekommen, wurde die Debatte sehr schnell angesetzt, um das Thema abzuhaken.
Untersuchung wegen Spionagesoftware
Damit sollte auch der Besuch einer Kommission des Europaparlaments medial an den Rand gedrängt werden. Die zehn Parlamentarier wollten nach Israel, Polen, Griechenland, Zypern und Ungarn auch in Spanien den Einsatz der israelischen Spionagesoftware Pegasus untersuchen. Bis hinauf zum katalanischen Regierungschef wurden im »Catalangate«-Skandal auch EU-Parlamentarier, Aktivisten und Journalisten ausgespäht, vor allem aus Katalonien. Das hatte die Bürgerrechtsorganisation Citizen Lab aufgedeckt. Auch im Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums steht, dass zwischen »2017 und 2020 bis zu 65 Handys« angegriffen worden seien und dass der Geheimdienst CNI die Spionage in 18 Fällen zugegeben habe, angeblich aber über die »erforderlichen richterlichen Genehmigungen« verfügt haben will.
Die Kommission lief gegen Wände, da die Regierung kein Interesse an einer Aufklärung hat. »Wir haben keine nennenswerten Informationen erhalten«, sagte die Berichterstatterin, Sophie In‹t Veld. Der Kommissionsleiterin Jeroen Lenaers kam es Spanisch vor, ausgerechnet an diesem Montag und Dienstag eingeladen worden zu sein. Für sie bleiben »zu viele Fragen offen«: Warum sei die CNI-Chefin zurückgetreten, wenn angeblich alles rechtens zugegangen sei? »Für 47 Fälle gibt es überhaupt keine Erklärung, sodass die Opfer ohne jegliche Rechtsmittel dastehen«, kritisiert die Kommission. Die Beweislast liege bei den Opfern, die sich bei der Beschaffung der Beweise auf die Stellen stützen müssten, »welche die Spionageprogramme gegen sie eingesetzt haben«.
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