Verdi-Streik im Logistiklager von Amazon in Winsen

Gewerkschaft Verdi fordert einen Tarifvertrag

  • Christopher Wimmer
  • Lesedauer: 3 Min.

Von Sonntagabend bis zur Spätschicht am Montag ging im Amazon-Logistikzentrum im niedersächsischen Winsen nichts. Rund 200 Beschäftigte waren dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi zu einem zweitägigen Warnstreik gefolgt. Sie wollten damit ihre Forderung bekräftigen, dass Amazon endlich die Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels in Niedersachsen anerkennt sowie den Tarifvertrag »Gute und Gesunde Arbeit« unterzeichnet.

Durch den Streik könnten zahlreiche Pakete nicht zugestellt werden, so die Gewerkschaft. Amazon selbst erwartete durch den Streik jedoch keine großen Auswirkungen auf den laufenden Betrieb, hieß es aus der Pressestelle des Versandriesen.

»Nach zehn Jahren Arbeitskampf muss Amazon endlich Verantwortung übernehmen und seinen Beschäftigten tarifliche Gehälter und gute Arbeitsbedingungen bieten«, sagt Havva Öztürk, Gewerkschaftssekretärin für Einzelhandel bei Verdi. »Hohe Krankenstände, psychische Belastungen, unzureichende Entlohnung und fehlender Inflationsausgleich sind die großen Themen der Belegschaft«, so die Gewerkschafterin weiter.

Verdi kritisiert, dass die Einkommen der Beschäftigten bei Amazon durch längere Arbeitszeiten und niedrigere oder fehlende Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oft deutlich unter denen von Beschäftigten in vergleichbaren tarifgebundenen Unternehmen lägen. Zwar habe es Lohnerhöhungen gegeben, doch lägen diese deutlich unter der Inflation, kritisierte Verdi zudem und forderte einen Inflationsausgleich für die Beschäftigten.

»Klima der Angst«

Immer wieder gerät Amazon durch schlechte Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen. Im Logistikzentrum in Winsen haben Beschäftigte wiederholt permanente Überwachung und psychischen Druck durch den Konzern kritisiert. Die zunehmende Digitalisierung der Prozesse mache es möglich, die Mitarbeiter*innen umfassend zu überwachen und die Paketraten und Pausenzeiten aller Beschäftigter einzeln zu kontrollieren. Eine Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte, berichtete bereits Anfang des Jahres dem »Hamburger Abendblatt«, dass sie sich »wie in einem Gefängnis« fühle und kritisierte ein »Arbeitsklima der Angst und des Misstrauens«.

Amazon gilt als eines der größten Unternehmen der Welt und wies 2021 einen Gewinn von rund 33 Milliarden US-Dollar aus. Besonders in Deutschland blickt der Konzern auf eine rasante Entwicklung zurück, mittlerweile ist die Bundesrepublik der zweitgrößte Markt für den US-Riesen. Winsen ist eines von 20 großen Logistikzentren Amazons hierzulande. Rund 1950 Beschäftigte sind dort auf 64 000 Quadratmetern Fläche beschäftigt und liefern rund 100 000 Pakete pro Tag aus.

Der Streik fällt in eine Zeit vermehrter Arbeitskämpfe. Zuletzt hatte Verdi am 27. März zum bundesweiten Streik aufgerufen. Busse und Züge blieben in den Depots. Grund dafür waren die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Verdi kündigte weitere Streiks an. Auch bei Amazon wird es sicherlich nicht der letzte Ausstand gewesen sein.

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