Widerstand gegen Pläne von CDU und SPD: Im Zweifel wird geklagt

Berliner Linke und Grüne üben scharfe Kritik an schwarz-roten Vorhaben im Bereich Innenpolitik

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Berliner Regierungsbündnis in spe aus CDU und SPD setzt auf eine deutliche Verschärfung der polizeilichen und juristischen Zugriffsrechte. Folgt man dem am Montag vorgestellten Koalitionsvertrag, wird die Präventivhaft verlängert, das unter Rot-Grün-Rot liberalisierte Versammlungsfreiheitsgesetz will man »evaluieren«, der Einsatz von sogenannten Tasern soll flott »ausgeweitet werden«. Die Law-and-Order-Wunschliste ist lang. »Sie werden in den nächsten Jahren auch spüren, dass diese neue Koalition hinter ihrer Polizei steht«, sagt dazu Berlins CDU-Chef und designierter Regierender Bürgermeister Kai Wegner.

Der bald oppositionellen Linken im Abgeordnetenhaus stellen sich dabei die Nackenhaare auf. »Es gibt hier Vorschläge, die halten wir für klar verfassungswidrig«, sagt Linksfraktionschefin Anne Helm am Dienstag mit Blick auf die schwarz-roten Pläne im Bereich Inneres, Sicherheit und Ordnung. Man werde sich genau anschauen, was von den angekündigten Projekten tatsächlich umgesetzt werden soll. Aber im Zweifel, so Helm weiter, »werden wir uns vorbehalten, dagegen juristisch vorzugehen«.

Explizit nennt Helm die Pläne, die in Berlin auf zwei Tage begrenzte Möglichkeit, Menschen auf Verdacht hin in Präventivgewahrsam zu nehmen, auf fünf Tage auszuweiten. Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte die CDU im Abgeordnetenhaus vor dem Hintergrund der Straßenblockaden von Klimaaktivisten der Letzten Generation eine Verlängerung auf vier Tage gefordert, war damit allerdings gescheitert, da ohne Mehrheit. Nun steht die SPD bereit. Und einen Bonustag gibt es gleich noch obendrauf. Linksfraktionschefin Helm spricht dann auch von einem »Paradigmenwechsel hin zu einer schlechteren, zu einer reaktionären Politik«.

Mit dieser Einschätzung steht die Linksfraktion nicht allein da. »Nicht ›Das Beste für Berlin‹, sondern Abbau von Rechtsstaat und Demokratie«, heißt es etwa vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein in Anspielung auf den Titel des Koalitionsvertrags. Ähnlich Vasili Franco, der Innenexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus. Mit Blick auf die ebenfalls angekündigte Einführung von Videoüberwachungsmaßnahmen an »kriminalitätsbelasteten Orten« oder den Plänen zur Ausweitung von Telefonüberwachung und Onlinedurchsuchung sagt Franco: »Das ist eine klare Kampfansage an die grundrechtlich verankerten Freiheitsrechte.«

Erschreckend sei zudem, was sich nicht im Koalitionsvertrag finde. Hatte sich Rot-Grün-Rot beispielsweise vorgenommen, das Verbot von Racial Profiling, also von Polizeikontrollen etwa aufgrund der Hautfarbe, im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) zu verankern, versprechen CDU und SPD: »Verhaltensbezogene Kontrollen aufgrund kriminalistischer oder polizeilicher Erfahrungswerte bleiben unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbote zulässig.« Im Klartext: Racial Profiling gibt es nicht, das ASOG bleibt, wie es ist. »Aus bürger*innenrechtlicher Sicht ist das Kapitel Innenpolitik des Koalitionsvertrags ein Horrorkatalog«, sagt Vasili Franco zu »nd«.

Nicht viel besser sieht es im Justizbereich aus, sagt Linksfraktionschefin Anne Helm. »Wir rechnen auch hier mit einer Rückabwicklung.« So hatte sich Noch-Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) dafür stark gemacht, das Instrument der Ersatzfreiheitsstrafe abzuschaffen oder wenigstens massiv zurückzufahren. Wer beim »Schwarzfahren« erwischt wird, eine verhängte Geldstrafe aber nicht bezahlen kann, sollte nicht mehr zwangsläufig in den Knast kommen. Auch das könnte demnächst perdu sein. Von einer Reform der Ersatzfreiheitsstrafe ist bei CDU und SPD jedenfalls keine Rede mehr.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.