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Hoffnung auf Frieden im Jemen
Hilfsorganisationen und die Uno befürchten, dass die humanitäre Krise in Vergessenheit geraten könne
Im Jemen öffneten sich am Freitag die Tore der Gefangenenlager: 880 Gefangene wurden von den beiden großen Kriegsparteien auf den Heimweg geschickt. In dem erstaunlich kleinen Team, das sich bei den Vereinten Nationen um den opferreichsten, zerstörerischsten Krieg seit vielen Jahrzehnten kümmert, sei man »glücklich«, berichten Mitarbeiter*innen: Jeder Tag, an dem verhandelt werde und nicht gekämpft, sei ein Erfolg, denn die Situation ist dramatisch: Weit mehr als 300 000 Menschen sind seit Kriegsbeginn 2015 bei Kriegshandlungen oder den Folgen ums Leben gekommen, viele davon durch Hunger und Krankheiten. Und die Ausgangslage für einen Frieden ist um ein Vielfaches komplizierter, als es von außen scheint.
Zunächst einmal kämpfen die von den iranischen Revolutionsgarden unterstützten Huthi-Milizen mit der international anerkannten und von Saudi-Arabien unterstützten Regierung um die Kontrolle über den Norden des Landes. Im Süden fordert der »Südliche Übergangsrat« (SÜR) zudem einen eigenen Staat. Mit militärischer Unterstützung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wurde man seit 2017 zur militärischen Kraft. Mal kooperiert der SÜR mit der Regierung, mal nicht. Gleichzeitig unterstützten die VAE aber zusammen mit Saudi-Arabien jahrelang die Regierung mit Luftangriffen im Kampf gegen die Huthi. Die wiederum schossen Raketen auf Saudi-Arabien und die VAE ab.# Dutzende Kampfgruppen sind aktiv, die mal auf der einen, mal auf der anderen Seite stehen. Ihr Preis: Geld und Waffen.
In der vergangenen Woche trafen sich die Huthi mit Vertretern der Regierungen Saudi-Arabiens und Omans in Sanaa, also auf von den Huthi kontrolliertem Gebiet. Nicht mit dabei waren die offizielle Regierung, die sich zum größten Teil in der saudischen Hauptstadt Riad aufhält, und der SÜR. Man vereinbarte vertrauensbildende Maßnahmen wie den Gefangenenaustausch und eine weitere sechsmonatige Waffenruhe. Gleichzeitig will man weiter über einen vollständigen Waffenstillstand sprechen und dabei offene Fragen wie die Aufhebung der Blockade von Huthi-kontrollierten Häfen und die Bezahlung der öffentlichen Bediensteten im Nord-Jemen. Außerdem soll ein Zeitplan für den Abzug ausländischer Truppen vereinbart werden.
In einem Tweet bezeichnete Mohammad Abdulsalam, Chefunterhänder der Huthi, die Gespräche am Freitag als »ernsthaft und positiv«. Und Mohammad Ali Al-Huthi, Mitglied des Obersten Politischen Rats im Norden des Jemen, betonte in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN, man habe kein Interesse daran, das Land in die Tyrannei zu stoßen, sondern sei dazu bereit, die Macht zu teilen. Insgesamt ist das eine Situation, die sich von den vielen vorangegangenen Verhandlungsversuchen unterscheidet. Bisher war es stets so, dass die gegenseitigen Beschuldigungen begannen, sobald man den Verhandlungsraum verlassen hatte.
Freiwillig hat man sich nicht getroffen: Saudi-Arabien und die VAE wollen raus aus diesem Krieg. Die Kosten sind einfach zu hoch, die Gefahr ist zu groß, dass die eigenen Staatsgebiete Ziele von Raketenangriffen werden. Zudem nimmt der öffentliche Druck zu: Arabische Sender berichten oft und ausführlich über das Leid, das der Krieg anrichtet. Und im Land selbst fordern die Menschen schon seit langem ein Ende: Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass der Rückhalt für die Huthi rasant schwindet. Kontakte in Sanaa und anderen Gebieten unter Huthi-Kontrolle berichten, es komme immer wieder zu Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit den Milizen der Organisation.
Aber vor allem spitzt sich die humanitäre Lage immer weiter zu. Hilfsorganisationen und die Uno können längst nicht mehr alle Notleidenden versorgen. Zeitweise musste die Hilfe ganz eingestellt werden. Grund dafür ist nicht vor allem, wie oft dargestellt, Getreidemangel aufgrund des Ukraine-Kriegs, sondern fehlendes Geld. Schon seit Jahren sind die finanzstarken Länder wenig spendabel, kann der Finanzbedarf nicht vollständig gedeckt werden. Nun wurde sogar nur ein Bruchteil des benötigten Geldes ausgelobt, viel zu wenig, um Hilfen für alle zu bezahlen. Nach Angaben des UN-Welternährungsprogramms hatten 2022 17,4 Millionen Menschen mit akuter Nahrungsmittelknappheit zu kämpfen; 7,3 Millionen Menschen litten zum Jahresende unter akuter Mangelernährung; 161 000 Jemeniten waren von Hungersnot betroffen.
Die Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe ist groß. Doch viel größer sei die Sorge, so Mitarbeiter*innen von Uno und Hilfsorganisationen übereinstimmend, dass mit einem Kriegsende die Aufmerksamkeit der westlichen Regierungen völlig verschwinde.
Denn die Folgen des Krieges werden noch sehr lange zu spüren sein. Der Rote Halbmond meldet, nahezu täglich würden Menschen durch Minen und Streumunition getötet. Hinzu kommen Cholera und andere Krankheiten, die wegen der maroden und oft zerstörten Kanalisation immer wieder nach Regenfällen auftreten. Funktionierende Krankenhäuser gibt es in großen Teilen des Landes nicht mehr.
Eine künftige Regierung, wie immer diese aussehen könnte, wäre auch finanziell nicht in der Lage, Nahrungsmittelimporte zu bezahlen, denn die Staatskasse ist leer. 2022 hat die international anerkannte Regierung nach eigenen Angaben so gut wie nichts eingenommen. Wie es bei den Huthi und dem SÜR aussieht, ist unbekannt. Dass es bei der offiziellen Regierung überhaupt weitergeht, liegt daran, dass Saudi-Arabien seit März 2022 insgesamt vier Milliarden Dollar in die Zentralbank eingezahlt hat.
Zwar verfügt das Land über Öl- und Gasreserven, aber eine funktionierende Förderinfrastruktur gibt es nur zum Teil. Die Felder stehen also nicht kurzfristig als Einnahmequelle zur Verfügung.
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