Ausdruck von Souveränität

Peter Steiniger über die heikle Mission der brasilianischen Diplomatie

Mit Lula an der Spitze der Regierung möchte Brasilien auch international wieder respektiert werden. Trotz der enormen innenpolitischen und wirtschaftlichen Probleme, die vier Jahre Bolsonaro hinterlassen haben, legt Lateinamerikas größtes Land auf dem Gebiet der Diplomatie los wie die Feuerwehr. Man hat sich nicht weniger vorgenommen, als das gefährliche Feuer in der fernen Ukraine löschen zu helfen. Das ist kein Widerspruch: Die globalen Schockwellen des Krieges für die Weltwirtschaft, das Sanktionsregime des Westens gegen Russland und der Konfrontationskurs der um die Wette rüstenden Konkurrenten USA und China behindern auch eine Besserung der Lage in Brasilien. Beim Import von Düngemitteln aus Russland und Belarus stehen eigene Interessen auf dem Spiel. China ist nicht nur wichtigster Handelspartner, sondern auch in der Lage, das weitere Vorgehen des Kreml in dem Konflikt zu beeinflussen. Auf Lulas Besuch dort folgte nun der des russischen Außenministers Lawrow in Brasília. Ein Wunder hat sich dabei nicht getan. Doch wenn es darum geht, das Blutvergießen in der Ukraine zu verkürzen, wäre jeder Millimeter Bewegung ein Gewinn. Das geschieht kaum auf offener Bühne, sondern eher im Hintergrund.

Gut sichtbar ist hingegen, dass Brasiliens aus den Fesseln gelöste Diplomatie wieder ihrem Prinzip folgt, den Multilateralismus zu befördern. Daher redet man mit allen für die Konfliktlösung nötigen Seiten, auch wenn – wie bei Lula und Lawrow – die Werteskala weit auseinanderklafft. Größer ist die Schnittmenge bei der Bewertung des Konflikts als Stellvertreterkrieg. Belehrungen durch die USA machen da wenig Eindruck. Mit deren eigener Achtung vor fremder Souveränität hat man schließlich Erfahrungen.

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