Gestapo-Hausgefängnis: Folterkerker für die Prominenz

In der Topographie des Terrors eröffnet eine neue Ausstellung zum einstigen Kellergefängnis des Geheimen Staatspolizeiamts in Berlin

Nachkriegsaufnahme des ehemaligen Hausgefängnisses in der heutigen Niederkirchner Straße.
Nachkriegsaufnahme des ehemaligen Hausgefängnisses in der heutigen Niederkirchner Straße.

»Es gab keinen Stuhl, nur eine Pritsche ohne Stroh. Setzen durfte man sich nicht, sonst wurde man angeschrien, wurde durch ein Loch beobachtet, es war also scheußlich«, erinnert sich Kurt von Ruffin Jahre nach seiner Haft an das Berliner Hausgefängnis der Geheimen Staatspolizei zurück. Wie mehrere Tausend Häftlinge zwischen 1933 und 1945 landete der homosexuelle Schauspieler nach seiner Verhaftung im Keller des Gestapo-Hauptquartiers. In der damaligen Prinz-Albrecht-Straße verhörte, erpresste und folterte die Gestapo diejenigen, die sie für besonders einflussreich hielt. Die Liste der prominenten Insassen ist lang: Hitler-Attentäter Johann Georg Elser, Stalin-Sohn Jakow Dschugaschwili oder Erich Honecker. Nun widmet sich die Topographie des Terrors dem Gestapo-Hausgefängnis, das sich einst auf dem Gelände des heutigen Museums befand.

Schon zwischen 2005 und 2008 hatte es eine kleine Freiluft-Ausstellung zum Hausgefängnis gegeben, jetzt wird das Thema ab Mittwoch noch einmal größer aufgezogen. »Es gibt vieles, was wir ähnlich machen, aber auch einiges Neues«, sagt Claudia Steur, Kuratorin der Ausstellung. Eines der Ziele ist es, das Hausgefängnis räumlich begreifbar zu machen. »Wenn Sie hier auf das Gelände kamen, wussten Sie nicht, wo das Geheime Staatspolizeiamt war, ganz zu schweigen von dem Gefängnis.«

Das kann jetzt nicht mehr passieren: Gelbe Markierungen auf dem Areal und im Museumsgebäude selbst machen sichtbar, wo sich die Räumlichkeiten befanden. Sie könnten laut Projektleiterin Andrea Riedle auch nach Ende der Ausstellung Teil der Topographie des Terrors bleiben. Hinzu kommen mehrere Modelle, die das Hausgefängnis in der heutigen Hauptstadt und im Berlin der Nationalsozialisten verorten. Auch in das Gefängnis selbst werden Einblicke gewährt: von den Zellen, über die Gefängnisküche, bis hin zu den Räumlichkeiten des Gefängnisverwalters. Anhand der Animationen lässt sich beobachten, wie die Anlage wächst. Allein in den digitalen Möglichkeiten, so die Kuratorinnen, habe man der Vorgängerin einiges voraus.

Anders als 2005 soll außerdem die gesamte Bandbreite an Geschichten von Inhaftierten zur Geltung kommen. Bei den hauptsächlich männlichen Insassen habe es sich keineswegs nur um politische Gefangene wie Kommunisten oder Sozialdemokraten gehandelt, so Steur. Sehr schnell hätten die Nationalsozialisten den Begriff ausgeweitet: »Es sind Betrüger hier, Zeugen Jehovas, Kirchenmänner, Leute aus den eigenen Reihen.« Wer im Hausgefängnis, in unmittelbarer Nähe zu Gestapo-Größen, landete, dessen Akte war zuvor über etliche Schreibtische gereicht worden. Den bürokratischen Prozess lässt die Ausstellung vom Haftbefehl bis zur Einweisung nachvollziehen.

Einzelne Schicksale werden auf Tafeln anschaulich nacherzählt, in einem Raum der Ausstellung können nachgesprochene Berichte der Insassen angehört werden. Sie sprechen über Isolation, Ohnmacht und Folter. Zwei Morde im Hausgefängnis sind heute bekannt, einige Insassen versuchte die Gestapo nachweislich in den Selbstmord zu treiben. Und so ist letztlich auch der Titel der Ausstellung zu lesen, der auf einem Zitat Heinrich Himmlers beruht: »Ein Polizeigewahrsam besonderer Art«.

»Ein Polizeigewahrsam besonderer Art: Das Hausgefängnis des Geheimen Staatspolizeiamts in Berlin 1933–1945«. Bis 12. November 2023 in der Topographie des Terrors.

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