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Ermittlungen im Krankenhaus
Klinikum Wilhelmshaven mit Anzeigen wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung konfrontiert
Aufgrund gravierender Versäumnisse sollen im Klinikum Wilhelmshaven mehrere Menschen zu Tode gekommen sein. Nachdem bei der Staatsanwaltschaft anonyme Anzeigen eingegangen waren, ermittelt sie nun gegen sechs Beschäftigte des Krankenhauses, wie am Freitag bekannt wurde. Konkret geht es um den Verdacht der fahrlässigen Tötung in fünf und der fahrlässigen Körperverletzung in bislang 13 Fällen, wie eine Polizeisprecherin am Freitag in Oldenburg mitteilte. Die Polizei prüfe daher, ob Versäumnisse bei der Behandlung und Pflege von Patienten vorlagen. In diesem Zusammenhang hätten die Ermittler das Klinikum bereits am 21. April durchsucht. Dabei wurden laut Polizeiinspektion Delmenhorst, Oldenburg-Land, Wesermarsch Daten, Datenträger und medizinische Unterlagen sichergestellt.
Darüber, was den sechs von 1450 Beschäftigten vorgeworfen wird, hüllen sich die Ermittler bislang in Schweigen – aus ermittlungstaktischen Gründen. Bekannt wurde mittlerweile, dass sich die Klinikaufsicht des niedersächsischen Sozialministeriums in die Sache eingeschaltet hat. Eine Ministeriumssprecherin sagte, man werde die Aufklärung der Vorwürfe »nach Kräften« unterstützen.
Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos), der zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates des kommunalen Krankenhauses ist, sagte am Freitag dem NDR, es sei »ganz wichtig, dass die Vorwürfe sauber und vollumfänglich aufgearbeitet werden«. Die Einrichtung werde den Ermittlungsbehörden alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen.
Am Freitagabend berichtete der NDR, man habe die zwei anonymen Anzeigen einsehen können. Da sie sehr detailliert und kenntnisreich formuliert seien und darin viele Namen genannt würden, sei davon auszugehen, dass es sich bei den Anzeigeerstattern um Insider handele. Inhaltlich wird darin der Vorwurf erhoben, dass viele Ärzte des Klinikums für ihre konkreten Aufgaben nicht ausreichend qualifiziert seien. Die Vorgesetzten hätten aber darüber »hinweggesehen«, obwohl ihnen die Fälle bekannt seien, in denen es zu schweren Versäumnissen gekommen sein soll. Auch der Aufsichtsrat soll demnach schon länger von den Missständen Kenntnis gehabt haben.
Die Anzeigen sind nicht die einzige Sorge des Klinikmanagements. Das 600-Betten-Haus leidet auch unter gravierenden wirtschaftlichen Problemen. Mitte April hatte der Aufsichtsrat über ein Insolvenzverfahren in Eigenregie diskutiert. Anschließend hatte Feist den Rat der Stadt darüber informiert, dass die Einrichtung spätestens im kommenden Jahr eine weitere Finanzspritze benötige. Erst im vergangenen Oktober hatte der Rat eine Finanzhilfe für das Klinikum in Höhe von 20 Millionen Euro bewilligt. Jetzt soll die Stadt noch einmal elf Millionen für einen im Bau befindlichen Neubau auf dem Klinikcampus bereitstellen und weitere 13 Millionen Euro, mit denen Rechnungen beglichen werden sollen.
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