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EU-Migrationsabwehr: Bewegungsmelder im Weltall
Um Geflüchtete aufzuspüren, fährt Frontex auf einer »Weltraumdatenautobahn«
Sämtliche Informationen, die Frontex an den EU-Außengrenzen sammelt, werden in ihr 2014 gestartetes Überwachungssystem Eurosur eingespeist. Dabei setzt die EU-Grenzagentur verstärkt auf Daten aus dem Weltraum. Bilder stammen beispielsweise von den Satelliten des EU-Erdbeobachtungsprogramms »Copernicus«, das für Umwelt- und Sicherheitsaufgaben genutzt wird. Es versorgt sowohl die Einrichtungen der Union als auch die Mitgliedstaaten mit relevanten Informationen.
Allerdings ist die Auflösung der Bilder in »Copernicus« vergleichsweise gering, die EU-Grenzagentur nutzt deshalb auch kommerzielle Dienste. Zu den Lieferanten gehören die Rüstungskonzerne Leonardo und Airbus mit Aufnahmen ihrer Radarsatelliten, außerdem kommerzielle Anbieter wie die deutsche GAF AG oder Maxar. Zur »Krisenbeobachtung« und »Konfliktprävention« fragt Frontex zudem Daten anderer Mitgliedstaaten an, darunter von dem auf Radarsatelliten beruhenden multinationalen System »Helios II« sowie dem deutschen »SAR-Lupe«.
Für die Auswertung der Satellitendaten ist bei Frontex eine eigene Abteilung zuständig. Die Analysten wollen damit etwa Schiffe und Boote mit Geflüchteten erkennen, wenn sich diese aus der Türkei oder nordafrikanischen Ländern auf den Weg nach Europa machen. Mit der Technik sollen Boote ab einer Länge von acht Metern mit einer »hohen Zuverlässigkeit« automatisch erkannt werden können. Ähnlich wie bei der Videoüberwachung werden dabei »Unregelmäßigkeiten« in Bewegungsabläufen gesucht und gemeldet. Als Anomalie gelten etwa eine auffällige Nähe der Boote zu anderen Schiffen, der Wechsel der Fahrspur, ein besonderer Tiefgang oder Umladungen auf hoher See. »Schiffe von Interesse« können über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, ohne dass menschliches Eingreifen erforderlich wäre.
Bis Anbieter wie SpaceX des US-Milliardärs Elon Musk massenhaft kleine Würfelsatelliten ins All schossen, waren die Fähigkeiten der Erdtrabanten durch ihre Umlaufbahn begrenzt. Um die Erde kreisende Satelliten können nur in Sichtweite Daten zum Boden funken; befinden sie sich im Erdschatten, bricht die Verbindung ab. Damit trotzdem weiterhin Daten übertragen werden können, nutzt Frontex die »Weltraumdatenautobahn« von Airbus. Die Firma hat dafür drei Satelliten ins All gebracht, die über eine Laserverbindung mit bis zu 80 000 Kilometer entfernten Bodenstationen kommunizieren. Damit können deren Bilder nahezu in Echtzeit an jeden Ort der Erde übermittelt werden.
Die Weltraumdaten werden bei Frontex für ein »Informationsbild des Grenzvorbereichs« genutzt. Im Mittelmeer ist diese Zone laut der EU-Kommission mehr als 500 Quadratkilometer groß, sie kann sich aber bis weit in den afrikanischen Kontinent hinein erstrecken. Dort will Frontex Orte und Aktivitäten ermitteln, »die von Interesse sind«. Um welche es sich konkret handelt, entscheidet ein »Frontex-Referat für Risikoanalyse« von Fall zu Fall.
Auch die Wüste in Niger könnte derart beobachtet werden. Frontex würde die Informationen aber vermutlich weniger zur Rettung von Menschenleben verwenden, sondern zur Migrationsabwehr, und sie deshalb an nigrische Behörden weitergeben. Unter Umständen erfolgt dies nicht direkt, sondern über einen Umweg durch einen EU-Staat. In den vergangenen beiden Wochen haben die Kommission und Frontex auf eine Anfrage der Europaabgeordneten Özlem Demirel reagiert, die sich nach Abkommen zur Weitergabe von Eurosur-Daten an Drittstaaten erkundigte. 15 Regierungen hätten derartige Verträge geschlossen, antwortete die Kommission der Linke-Politikerin. Welche Länder das betrifft und in welchem Umfang Daten aus der Satellitenüberwachung übermittelt werden, erfuhr die Abgeordnete aber nicht.
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