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Griechenland: Linke Rechenspiele rund um Tsipras

Ex-Regierungschef von Syriza braucht für eine Rückkehr an die Regierung Unterstützung

  • John Malamatinas
  • Lesedauer: 4 Min.
»Varoufakis steht wieder im Rampenlicht«, schreibt die »Financial Times«. Hier tritt der ehemalige Finanzminister Griechenlands im Wahlkampf der MeRA25 auf der Insel Kreta auf.
»Varoufakis steht wieder im Rampenlicht«, schreibt die »Financial Times«. Hier tritt der ehemalige Finanzminister Griechenlands im Wahlkampf der MeRA25 auf der Insel Kreta auf.

Wird Alexis Tsipras im Falle eines Wahlsiegs geeignete Koalitionspartner finden? Und falls er nicht gewinnt, wird er die mögliche Chance nutzen, eine »Regierung der Verlierer« aufzubauen? Diese sind neben der Frage, ob die konservative Nea Dimokratia klar gewinnen kann, die Fragen aller Fragen bei den Wahlen in Griechenland. Das von der damaligen Syriza-Regierung 2016 eingeführte Verhältniswahlrecht begünstigt Koalitionsregierungen, da keine Partei genug Sitze erlangen wird, um alleine zu regieren.

Der Druck lastet vor allem auf der sozialdemokratischen Pasok-Kinal von Nikos Androulakis. Aber ob eine progressive und linksgerichtete Regierung entstehen kann, hängt nicht nur von den Sozialdemokraten ab. Ein attraktiver Partner wäre der Ex-Gefährte von Alexis Tsipras aus der Zeit der Griechenland-Krise und sein früherer Finanzminister Yannis Varoufakis, mit seiner Partei MeRA25 (Akronym für die Europäische realistische Ungehorsamsfront; die Zahl 25 bezieht sich auf sein europäisches Netzwerk DiEM25). Sie ist derzeit mit neun Sitzen im Parlament vertreten; aktuelle Umfragen sagen voraus, dass sie sich ungefähr auf demselben Niveau bewegt. Varoufakis wurde in den vergangenen Wochen nicht müde zu wiederholen, dass »MeRA25 2018 nicht gegründet wurde, um in einer von Alexis Tsipras geführten Regierung eine Nebenrolle zu spielen«, sprich einen Ministerposten zu bekommen.

Varoufakis schließt bisher eine Koalition aus, vor allem unter dem Szenario einer »Zweckregierung« mit dem Ziel, Premierminister Kyriakos Mitsotakis abzuschalten und weitere vier Jahre autoritärer Politik zu verhindern: »Die griechische Gesellschaft lehnt die Idee einer Zweckregierung seit dem ›schmutzigen 1989‹ ab. Als Parteien, die nichts miteinander zu tun hatten, sich in einer Regierung wiederfanden, die das Ziel hatte, Andreas Papandreou zu verfolgen.« Damals gab es eine Koalitionsregierung zwischen der Nea Dimokratia und Synaspismos. Letzteres war eine Allianz der Linken, an der auch die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) teilgenommen hatte, zugleich aber auch der Vorgänger von Syriza.

»Varoufakis steht wieder im Rampenlicht«, schreibt auch die »Financial Times«, acht Jahre nachdem seine turbulente Zeit als Finanzminister des Landes ihn zu einer weltweiten Berühmtheit gemacht hat. »Dimitra« ist Varoufakis’ radikaler Vorschlag für die griechische Wirtschaft. Benannt nach der antiken, olympischen Göttin der Ernte und der Fruchtbarkeit, würde der Plan den Griechen ermöglichen, Zahlungen außerhalb des Bankensystems zu tätigen. Und das ohne hohe Gebühren zahlen zu müssen. Varoufakis betont, dass es sich bei Dimitra nicht um eine alternative Währung, sondern vielmehr um eine alternative Plattform für Transaktionen handelt. Der Grund für die Schaffung eines solchen Mechanismus sei nicht nur die Vermeidung von Bankgebühren. Sondern auch, dass man ein weiteres Instrument zur Verfügung habe, falls wie zur Krisenzeit wieder Kapitalkontrollen eingeführt werden sollten.

Ob es ein Regierungscomeback von Varoufakis, gar als Minister, geben kann, hängt einerseits vom Verhältnis zu Alexis Tsipras ab. Letzterer versucht öffentlich eine Koalitionseinladung zu vermeiden. Anderseits hängt einiges an dem anderen großen Fragezeichen: die KKE. In den vergangenen Jahren kritisierte sie Nea Dimokratia und Syriza als zwei Seiten der gleichen neoliberalen Medaille. Die KKE sieht in Syriza lediglich einen sozialdemokratischen Ersatz. Nach aktuellen Umfragen würde sie bei der Wahl leicht zulegen (von 5,30 Prozent auf sechs bis 7 Prozent). Die KKE vertritt weiterhin ihr seit Jahrzehnten (alt)bekanntes Programm wie etwa die Stärkung der Arbeiterklasse und den Austritt aus der EU und Nato. Auch die KKE verneint jegliche Regierungsbeteiligung unter Syriza.

Wenn eine linke Regierung klappen soll, müssen alle erwähnten Parteien mitmachen. Bei gewissen Rechenspielen würde es vielleicht auch ohne MeRA25 klappen. Andere Optionen gibt es nicht, denn andere linke Formationen sind zu schwach und werden nicht ins Parlament eintreten. Hierzu gehört zum Beispiel »Kurs der Freiheit«, die Partei einer anderen alten Bekannten von Tsipras und Ex-Parlamentspräsidentin, Zoi Konstantopoulou. Sie könnte maximal zwei Prozent erreichen. Oder Antarsya (Antikapitalistische linke Zusammenarbeit für den Umsturz), ein Bündnis aus linken Organisation und Gruppen, das in den vergangenen vier Parlamentswahlen nie über ein Prozent gekommen ist.

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