G7-Treffen in Hiroshima: War da nicht was?

Der Ort des G7-Treffens 2023 steht für Schrecken des Krieges

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Ausgerechnet in Hiroshima trafen sich in der letzten Woche die führenden Politiker*innen der G7-Staaten, um die weitere Aufrüstung im Ukraine-Konflikt zu beschließen. »Kampfjet-Koalition für Kyjiw komplett«, titelte die Taz. Die japanische Stadt hatte neben Nagasaki den Massenmord eines Atomwaffenabwurfs zu erleiden, mit dem die USA 1945 den Kalten Krieg gegen die Sowjetunion einleiteten. Und hier trafen sich nun die derzeitigen »Masters of War« (Bob Dylan) der westlichen Welt, um den Militarist*innen auf der Gegenseite militärisch Paroli zu bieten.

Lange galt Hiroshima als Symbol für den Schrecken des Krieges – ein Schrecken, der allerdings nicht erst beginnt, wenn die Atombomben fallen, wie es Teile der deutschen Friedensbewegung suggerieren. Nein, die Schrecken des Krieges haben auch die Menschen in der Ukraine und Russland schon lange vorher kennengelernt: die zwangseingezogenen Soldaten aus Russland und der Ukraine ebenso wie die Bewohner*innen ukrainischer Städte, die von Luftwaffenangriffen des russischen Militärs bedroht sind. Unerwähnt bleiben sollen auch nicht die Bewohner*innen der ukrainischen Ostgebiete. Sie sind seit 2004 Opfer eines unerklärten Krieges zwischen zwei nationalistischen Bewegungen in der Ukraine, die jeweils von unterschiedlichen Staaten aus geopolitischen Gründen unterstützt werden.

»Wir schießen nicht aufeinander. Wir machen nicht mit bei ›unserem‹ Krieg«, erklärten hingegen ukrainische, russische und belorussische Pazifist*innen gemeinsam auf einer Veranstaltung in Berlin am 15. Mai dieses Jahres. Das Treffen am Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerer, veranstaltet von einer antimilitaristischen Initiative, machtes eines deutlich: Auf allen Seiten gibt es Menschen, die erklären, dies sei nicht ihr Krieg, der da gegenwärtig tobt. Medial wurde das Treffen der Pazifist*innen allerdings weitgehend ignoriert.

Der jüngst neu verfilmte Roman »Im Westen nichts Neues« machte die Grausamkeit des Kriegführens bereits in den 1920er Jahren am Beispiel des Massensterbens rund um Verdun so anschaulich, dass Nationalist*innen aller Couleur sich aufgerufen sahen, gegen das Buch mobil zu machen. Antimilitarist*innen hingegen erklärten schon damals, dass nie wieder Menschen für Stellungskriege ums Leben kommen sollen, bei denen überdies nur noch Ruinen und Leichenberge »verteidigt« werden. Über 100 Jahre später gibt es viele solcher Verduns auf dem Territorium der Ukraine; Bachmut ist nur das bekannteste Beispiel.

Wo, wenn nicht in Hiroshima gäbe es nun Anlass, zu rufen: »Stoppt das Morden – jetzt und sofort, auf allen Seiten«. Denn Opfer eines jeden Krieges sind immer die Menschen, die für die Ziele der Herrschenden massenhaft sterben, während auf allen Seiten die Aktienkurse steigen.

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