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  • Parlamentswahlen in Osttimor

Osttimor sucht Stabilität

Ehemaliger Präsident Gusmão vor Regierungsbildung

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Kräftemessen zwischen den zwei größten Parteien Osttimors ist entschieden. Der Nationalkongress für den Wiederaufbau Timors (CNRT) von Xanana Gusmão, der bis 2007 Osttimors erster Präsident war, liegt nach den Wahlen in Osttimor vor der Fretilin von Ex-Regierungschef Mari Alkatiri, dessen Partei die amtierende Koalition anführt. Gusmão und Alkatiri gelten als Galionsfiguren der Unabhängigkeitszeit und sind seit Jahrzehnten in eine bittere Fehde verwickelt. Die rund 890 000 Wahlberechtigten konnten sich in diesem Jahr zwischen 17 Parteien entscheiden.

Der CNRT ist Dauerrivale der einst dominanten Unabhängigkeitsbewegung Fretilin. Diese kam in den Wahlen nur auf 25,7 Prozent, 41,6 Prozent erhielten Gusmão und seine Getreuen. Der Wahlsieger, der nach seiner Präsidentschaft von 2007 bis 2015 als Premier amtierte, dürfte nun abermals Regierungschef werden. Da seine Partei aber nur auf 31 der 65 Sitze kommt, braucht er Partner. Parlamentarische Präsenz haben auch noch die Demokratische Partei (sechs Sitze), die vor allem im ländlichen Raum verankerte Khunto Party mit fünf und die Volksbefreiungspartei (PLP) mit vier Mandaten. Die auf 19 Sitze gestutzte Fretilin hatte ihre Niederlage frühzeitig anerkannt.

Der Veteran Xanana Gusmão ist zurück

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung war indes nicht wahlberechtigt: 55 Prozent sind unter 18 Jahren alt, Osttimor ist demografisch ein besonders junges Land. Dafür ist der mutmaßliche neue Regierungschef ein Veteran. Denn Xanana Gusmão ist 76 Jahre alt und eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Unabhängigkeitskampfes. Dieser forderte, nachdem sich der vormals portugiesisch beherrschte Inselteil 1975 für eigenständig erklärt hatte, gegen die folgende indonesische Besatzung bis zu 200 000 Todesopfer. Erst ein UN-überwachtes Referendum 1999 machte den Weg zur Unabhängigkeit am 20. Mai 2002 frei.

Nach den Querelen der vorigen Legislaturperiode, die viele als fünf verlorene Jahre empfinden, hofft die Mehrheit auf Besserung. Mitten in der Corona-Pandemie war das Regierungsbündnis von Premier Taur Matan Ruak (PLP) zerbrochen. Dies lag vor allem daran, dass der damalige Präsident Francisco Guterres (Fretilin) die Ernennung der meisten CNRT-Kandidaten für Ministerämter verweigert hatte, sodass Gusmãos Partei 2020 nach 18 Monaten Dauerstreit die Koalition verließ und durch die Fretilin ersetzt wurde. Auch in den drei Folgejahren konnte die umgebaute Koalition nicht viel bewegen. Der CNRT feierte einen ersten Triumph, als bei der Präsidentschaftswahl im März/April 2022 der von ihr unterstützte José Ramos-Horta gewann, ein langjähriger enger Weggefährte Gusmãos.

Die Häfte der Bevölkerung ist arm

Viele der 1,34 Millionen Einwohner*innen haben vom wirtschaftlichen Aufschwung seit der Unabhängigkeit bislang kaum profitiert. Die Hälfte der Bevölkerung gilt nach internationalen Standards als arm. Vor diesem Hintergrund steht auch die am Montag veröffentlichte jüngste Erhebung des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen. Die allgemeinen Teuerungsraten mögen in Osttimor zwar längst nicht so hoch sein wie in anderen Ländern des südlichen und südöstlichen Asien. Doch hat sich gerade das Grundnahrungsmittel Reis zuletzt um fünf Prozent verteuert, auch Zucker und einige andere Lebensmittel kosten deutlich mehr als zuvor. Laut den WFP-Daten müssen Familien, aus denen nur ein Mitglied beschäftigt ist, das wiederum den Mindestlohn von 115 US-Dollar pro Monat erhält, mittlerweile allein 44 Prozent davon für den Reiskauf aufwenden. Nach Rezessionen 2017, 2018 und 2020 ging es die vergangenen beiden Jahre wirtschaftlich immerhin wieder verhalten aufwärts, 2023 wird ein Plus von drei Prozent erwartet.

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