Von Staat und Recht(en)

... in drei kurzen Akten

I. Am vergangenen Wochenende fand in Franken »eine traditionelle Veranstaltung im Coburger Veranstaltungskalender« statt. So launig formulierte es Bürgermeister Dominik Sauerteig von der SPD und meinte den Coburger Convent, einen Zusammenschluss aus über 100 schlagenden Studentenverbindungen aus Deutschland und Österreich. Ihrer finsteren Ideologie entsprechend krönen diese Typen ihre jährliche Zusammenkunft seit 150 Jahren mit einem Fackelzug. So auch in diesem Jahr. Den Antifaschist*innen, die den Aufmarsch verhindern wollten, stellte sich die Polizei in den Weg, während SPD-Sauerteig sekundierte: »Linksradikale Gewalt hat in Coburg genauso wenig einen Platz wie rechtsradikales Gedankengut.« Dass Erstere dann doch schlimmer ist als Letzteres spricht aus der Erklärung von Louay Yassin, dem Pressesprecher der Stadt, der Bürgermeister stehe »den Feierlichkeiten offen gegenüber«.

II. Offenheit nach rechts charakterisiert naturgemäß auch eine andere Säule des bürgerlichen Staates, nämlich die Justiz. Aktuell verkörpert ist das etwa im Urteil gegen die Antifaschistin Lina E., die bereits im dritten Jahr in Untersuchungshaft saß und nun vor dem Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden ist. Vorgeworfen wurden ihr Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Zum Vergleich: Der im NSU-Prozess angeklagte André Eminger erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und wurde vom Vorwurf der Beihilfe zum versuchten Mord freigesprochen.

Da Vergleiche für sich allein genommen schlechte Argumente sind, sei hier noch einmal daran erinnert, was für eine Welt Rechte sich herbeiwünschen: eine männerdominierte Ordnung, die Menschen nach »Rasse« und Geschlecht sortiert und in Volkskörpern und nationalen Kollektiven denkt; anders gesagt: eine Ordnung wie den Nationalsozialismus, der an Menschenfeindlichkeit nicht zu übertreffen ist. Linke, die das verhindern wollen und in diesem Sinne praktisch tätig werden, sucht der deutsche Staat mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem Verkehr zu ziehen.

III. Für all das braucht es übrigens keinen Faschismus, sondern es passt ganz in den Rahmen der bürgerlichen Demokratie. Wie oben genannte Maßnahmen mehrheitsfähig (gemacht) werden, mag ein letztes Beispiel illustrieren. Die Stiftung Forum Recht, ebenfalls ansässig in Sachsen, hat es sich zum Auftrag gemacht, den »Rechtsstaat erlebbar« zu machen – ein »Vermittlungs- und Bildungsangebot«! Was für Antifaschist*innen, Geflüchtete oder von Armut betroffene Menschen wie eine Drohung klingen muss, propagieren im Rahmen einer derzeit stattfindenden SFP-Tagung »Expert:innen aus Stadtverwaltung, Jugendarbeit, Schule, aber auch etwa der Polizei und Justiz«. Nicht trotz, sondern wegen der Demokratie muss es sowas geben, denn die aufgeklärte Gesellschaft funktioniert am besten, wenn die Leute ihre eigene Unterdrückung als Chance begreifen. Man könnte sagen: Läuft bei uns!
Tanja Röckemann

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