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Entfristung für Postdoktoranden: Verschoben – und aufgehoben?
Koalition will Entfristung für Postdoktoranden verschleppen
Es war abzusehen: Die schwarz-rote Koalition plant, die Entfristung für Postdoktoranden an Berliner Hochschulen auszusetzen. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, demzufolge eine entsprechende Regelung statt im Oktober 2023 im April 2025 in Kraft treten soll. Entsprechendes war bereits im Koalitionsvertrag angekündigt worden. Nun soll die Verschiebung noch vor der Sommerpause in die erste Lesung im Parlament gehen.
Zur Begründung geben die Koalitionsfraktionen an, zunächst die Bundesregelungen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz abwarten zu wollen. Dort wird zurzeit über einen Referentenentwurf aus dem Bundesbildungsministerium diskutiert. »Die Entwicklungen auf Bundesebene gilt es nun abzuwarten«, sagt Adrian Grasse, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, gegenüber »nd«.
Die Befristungsregeln für Postdoktoranden sind bereits seit längerem der größte Zankapfel in der Wissenschaftspolitik, in der sich Hochschulen und Politik sonst meist weitgehend einig sind. Der damalige rot-grün-rote Senat hatte 2021 beschlossen, dass Hochschulen promovierten Mitarbeitern eine »Anschlusszusage« aussprechen und damit unbefristete Stellen anbieten sollen. Diese Regelung sollte allerdings nur für Beschäftigte auf Strukturstellen und nicht für die Mitarbeiter gelten, die durch Drittmittelgeber finanziert werden.
Auf diesem Weg sollte der in der Wissenschaft wuchernden Befristungspraxis ein Riegel vorgeschoben und Nachwuchswissenschaftlern eine langfristige Planung ermöglicht werden. Die Hochschulleitungen kritisierten die Regelung heftig. Ein regelmäßiger Personalaustausch sei wichtig für die Innovationsfähigkeit der Hochschulen, so die Argumentation. HU-Präsidentin Sabine Kunst trat aus Protest gegen die Regelung zurück. Hochschulleitungen und Opposition reichten Klage beim Bundesverfasssungsgericht ein, die noch anhängig ist. Auch dieses Urteil will die Koalition abwarten, wie CDU-Politiker Grasse angibt. »Das Land Berlin braucht nicht nur ein generationengerechtes, sondern auch ein rechtssicheres Hochschulgesetz.«
Vor der Wiederholungswahl standen die Zeichen auf Einigung. So hatte die HU im vergangenen Jahr ein Konzept für Dauerstellen im Mittelbau vorgestellt, bei dem sich Postdoktoranden auf Stellen in der Lehre oder der Forschung spezialisieren können sollten. Im Gegenzug hatte die ehemalige Koalition das Hochschulgesetz insgesamt 15 Mal angepasst. Erst am Mittwoch stellte die Technische Universität ein Konzept vor, in dem versprochen wird, die Zahl der Dauerstellen zu erhöhen.
Mit der Verschiebung rückt die Entfristung wieder in weite Ferne. Viele Nachwuchswissenschaftler befürchten, dass die Regelung auch dauerhaft gestrichen werden könnte. Nicht unbegründet: Es ist bekannt, dass sich SPD und CDU über die Regel uneinig sind. »Einen Berliner Sonderweg, der unserem Wissenschaftsstandort einen erheblichen Wettbewerbsnachteil verschafft, wird die CDU sicher nicht mittragen«, sagt Grasse und macht damit deutlich, dass die CDU die Regelung weiterhin grundsätzlich ablehnt.
Tobias Schulze, Wissenschaftsexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, sieht die »progressivsten Regeln deutschlandweit« gefährdet. »Viele Wissenschaftler hatten fest mit der Entfristung gerechnet«, sagt er. Mit der Entfristung habe Berlin neue Grundsätze bei wissenschaftlichen Karrieren gesetzt. Stellen für Postdoktoranden sollten nicht mehr nur »Durchlauferhitzer« auf dem Weg zur Professur sein, sondern dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeiten. »Aktuell sind die Leute 35 bis 40 Jahre alt, wenn die Befristung endet«, so Schulze. »Und dann fliegen 90 Prozent raus.«
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